Die Republik im Superwahljahr 2017

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(iz). 2017 ist ein sogenanntes Superwahljahr. Das föderalistische System führt dazu, dass sich Deutschland ununterbrochen im Wahlkampf befindet. Dazu gehört auch unweigerlich die Wahlkampfrhetorik.
Die Wahlberechtigten in Deutschland werden in drei Landtagswahlen und der Bundestagswahl im September zur Wahlurne gehen. Bereits am 12. Februar wird die Bundesversammlung in Berlin den künftigen Bundespräsidenten bestimmen. Es gilt als sicher, dass der amtierende Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier (SPD) zum 16. Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt wird.
Damit ist auch der beliebteste Politiker Deutschlands keine Konkurrenz mehr für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Merkel versteht es wie nahezu keine andere Person, mögliche Rivalinnen und Rivalen durch Vergabe von Posten geschickt zu egalisieren. Von der Union haben bereits Friedrich Merz, Wolfgang Schäuble, Christian Wulff, Volker Bouffier, Ursula von der Leyen und Karl-Theodor zu Guttenberg Erfahrungen mit dieser Strategie machen müssen.
Jetzt darf auch die SPD Bekanntschaft mit der einzigartigen Fähigkeit der Kanzlerin machen. Steinmeier wird mit einem ansehnlichen Posten, dem höchsten Staatsamt, aus dem Spiel genommen. Nach allem Anschein wird sich SPD-Chef Sigmar Gabriel zwar parteiintern in der Frage des Kanzlerkandidaten gegen den scheidenden EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz durchsetzen. Aber gegen Merkel werden ihm kaum ernsthafte Chancen eingeräumt.
Am 26. März findet die Landtagswahl im Saarland statt. Im Moment wird das Land durch eine schwarz-rote Koalition regiert. Die Sonderrolle des ehemaligen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine (Linke) darf hier aber nicht unterschätzt werden. Das Votum im Saarland, das zu den kleinsten Bundesländern gehört, kann aber nicht als richtungsweisend ­bezeichnet werden.
Auch die Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 7. Mai ist nicht unbedingt eine Generalprobe für die Bundestagswahl, da auch hier einige Sonderbedingungen vorherrschen. In der Küstenregion leben neben den friesischen Volksgruppen auch die dänischen Minderheiten, die von der Fünf-Prozent-Hürde befreit sind. Die FDP und Wolfgang Kubicki, eine der wenigen charismatischen Personen, die es überhaupt noch bei den Liberalen gibt, sind dort traditionell gut aufgestellt.
Die Wahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) am 14. Mai wird jedoch als Testabstimmung für die Bundestagswahl im Herbst gewertet. Das bevölkerungsreichste Land der Republik mit knapp 18 Millionen Einwohnern und 13,2 Millionen Wahlberechtigten ist schon immer richtungsweisend für zukünftige Bundestagswahlen gewesen.
Größe, Verschiedenheit und Vielfältigkeit des Landes sind nicht von der Hand zu weisen. In NRW leben zudem, im Vergleich zu anderen Bundesländern, auch die meisten Muslime Deutschlands. 33,1 Prozent beziehungsweise 1,5 Millionen (Stand: 2008) aller Muslime in Deutschland leben an Lippe, Rhein und Ruhr. Den größten Anteil unter den Muslimen stellen mit 65 Prozent die Türkischstämmigen. Ihre Zahl beläuft sich auf knapp eine Million.
Das Wahlverhalten der Muslime und Türken könnte sowohl die Landtagswahl am 14. Mai als auch die Bundestagswahl im September entscheiden. Gerade deshalb ist es wichtig, dass muslimische Wählerinnen und Wähler die Grundsätze der politischen Parteien zum Islam beziehungsweise dem Thema „Muslime in Deutschland“ besonders genau studieren. Sie sollten beispielsweise schauen, ob – und wenn ja, wie – manche Parteien in den Sog der rechtspopulistischen AfD geraten und ihre Politik gegenüber Muslimen in Deutschland konfrontativ verschärfen.
Yasin Bas ist Politologe, Historiker, Autor und freier Journalist. Zuletzt erschienen seine Bücher: „Islam in Deutschland – Deutscher Islam?” sowie „nach-richten: Muslime in den Medien”.