„Grundrechte werden grob missachtet“

Foto: Mike Herbst from Berlin, Germany - original photo | source, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27035662

Berlin. Die Bundesregierung will am Donnerstag, 23. Juni 2016 gegen 19 Uhr im Eiltempo ein „Anti-Terrorpaket“ beschließen. Das „Gesetz zur Umsetzung der Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung“ greift massiv in Grundrechte ein. Dennoch wird das Paket nicht ausreichend parlamentarisch, juristisch und öffentlich diskutiert. Dazu fehlt die Zeit und der unbefangene Sachverstand im Innenausschuss.
Sicherer werden wir durch dieses Placebo-Gesetz nicht. Die fortlaufende Einschränkung von Grundrechten schwächt sogar unsere Abwehrkräfte. Wirksame Terrorbekämpfung sieht anders aus.
Zitat von padeluun, Digitalcourage-Vorstand
„Die Bundesregierung arbeitet mit Hochdruck an einem Überwachungspaket statt an wirksamen Anti-Terror-Gesetzen. Handwerklich gute Gesetzgebung braucht Zeit und Weitblick. Das geplante Anti-Terror-Paket dagegen ist ein Schnellschuss, den ich lieber „Gesetzesterror“ statt „Anti-Terror-Gesetz“ nennen würde“, sagt padeluun von Digitalcourage.
Digitalcourage lehnt das Anti-Terror-Paket entschieden ab
Die geplanten Maßnahmen greifen das Grundgesetz an. Die Bundesregierung konnte die Verhältnismäßigkeit und Wirkung der Maßnahmen bislang nicht nachweisen, so wie es bei Grundrechtseingriffen vorgeschrieben ist. Außerdem sind keine Schutz-, Aufsichts- oder Kontrollmaßnahmen geplant.
Kritische Punkte des Anti-Terror-Pakets
– erweiterter Einsatz verdeckter Ermittler durch die Bundespolizei
– eine neue internationale Verbunddatei für Analysezwecke
– ständiger Zugriff auf Daten für Drittstaaten
– Bruch des verfassungsrechtlichen Verbots, personenbezogene Daten zwischen Nachrichtendiensten und Polizei auszutauschen
– automatisierter Datentausch zwischen Geheimdiensten verschiedener Länder
– endgültige Abschaffung anonymer Prepaid-SIM-Karten
– längere Speicherfristen für Überwachungsdatenbanken von Polizei und Geheimdiensten
Weiterführende Informationen
– Digitalcourage: SPD-Mitglied schreibt an ihre Partei: „Anti-Terror-Paket“ stoppen! 
https://digitalcourage.de/blog/2016/spd-mitglied-schreibt-ihre-partei-anti-terror-paket-stoppen/
– Gesetz zur Umsetzung der Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PDF): http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/087/1808702.pdf
– Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Menschenrechte: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/aktuell/news/meldung/article/pressemitteilung-anti-terror-gesetz-internationale-geheimdienstdateien-koennten-verfassungsrech/
– Ausführliche Stellungnahme von Fredrik Roggan (PDF): http://www.bundestag.de/blob/428516/a5a8754010e96e0cc1b126007c02934b/18-4-601-a-data.pdf
– netzpolitik.org: Das neue Anti-Terror-Paket der Großen Koalition: https://netzpolitik.org/2016/analyse-das-neue-anti-terror-paket-der-grossen-koalition/

2 Kommentare zu “„Grundrechte werden grob missachtet“

  1. Wenn die Türkei ein Anti-Terrorgesetz hat, das jeden, der die islamistische Regierung kritisiert, ins Gefängnis bringt, finden Muslime daran nichts Negatives. Passiert das gleiche in Deutschland, ist ein lauter Aufschrei der Muslime zu vernehmen. Wie ist das zu erklären?

  2. Die Situation in Deutschland mit der Türkei zu vergleichen ist sehr unpassend und völlig fehl am Platz. Die Türkei ist tagtäglich von Anschlägen bedroht. Die Bedrohungssituation ist real. Bereits unzählige Zivilisten haben ihr Leben aufgrund von Anschlägen seitens der Terrororganisation PKK oder anderen vergleichbaren Terrorgruppen verloren. Ein Staat kann da nicht tatenlos zusehen. Seit Jahrzehnten ist eine akute Terrorgefahr in der Türkei vorhanden. In Deutschland hingegen hat sich bisher außer Rechtsradikalen Terrorereignissen ( NSU etc.) nichts auch nur ansatzweiße ereignet. Somit genügt die derzeit vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen. Anstatt gegen Muslime zu Hetzen und sogennanten “Anti-Terror-Gesetzte ” zu verabschieden, sollte man die Blindheit im Rechten Auge bekämpfen. Ich mein, dass Rechtsextreme Terroristen ohne Weiteres in Deutschland morden können, ist ja kein Geheimnis.

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