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In reflexiver Bewegung bleiben

Ausgabe 257

Foto: altunfurkan.de

(iz). Die Spannung war groß, als am 22. Oktober ein Tariqa-Ensemble zu einem Benefizkonzert in die Kölner Philharmonie einlud. Die Gruppe um Mehmet Fatih Citlak Efendi ist für ihre „Sufi Devran“ Veranstaltungen in der Türkei und Aserbaidschan bereits bekannt. Nun gab es die erste Aufführung dieser Art in Deutschland und 1.500 Menschen, unter ihnen viele Nichtmuslime, kamen.
Der Abend sollte im Zeichen des Tasawwuf stehen, der sogenannten islamischen Mystik. Für einige ein Begriff, für andere ein Fragezeichen, bot das Ensemble eine professionelle Einführung an, die in die mitreißende Praxis mündete.
Zunächst stimmte eine zwölfköpfige Gruppe die Zuschauer musikalisch ein. Als Verschmelzung orientalischer und okzidentalischer Elemente angekündigt, bildeten Geige, Tamburin oder Kanun ein Klangbett für die vier Sänger und ihre türkisch- und arabischsprachigen Besingungen Allahs.
Wenn auch der Akt des Dhikrs, des praktizierten Gottgedenkens, den Höhepunkt markieren sollte, war es vor allem die Ansprache Mehmet Fatih Citlak Efendis, die für Gänsehautmomente sorgte. Die sehr gelungene Übersetzung Eren Güvercins ermöglichte allen Zuschauern eine Nachempfindung der Botschaft des Abends.
Im Zentrum der Lehre hinter der Veranstaltung stand für den als Mehmet Fatih Hodscha bekannten Gelehrten die Selbstreflexion. Die Galaxie sowie die menschliche Natur seien in kreisender Bewegung. Gleich verhalte es sich mit der dargebotenen Form des „Gedenkens an Allah und der Harmonisierung mit der der Schöpfung zugrundeliegenden Schwingung“.
Letztlich ginge es auch darum, Liebe zu verkörpern. Der Dhikr biete durch seine reflexive Auseinandersetzung mit dem Selbst eine sich in Liebe zeigende Annäherung an den Schöpfer. Darin manifestiere sich die Lehre von Tauhid, der Einheit. Die Schwingungen, die durch Laute und Bewegungen unsere Existenz spürbar umgeben, uns bewegen und packen, luden die Zuschauer ein, am Dhikr zumindest im Herzen teilzuhaben.
Und so war es. Als die Derwische zu ihren Umdrehungen ansetzten, der Schaikh sich in die Mitte des Kreises begab und die Gläubigen ihn umschlossen, war die Menge gebannt. Die kräftige Anrufung Allahs fand leichten Weg in die Herzen der Zuschauer.
Durch eine Balance zwischen spiritueller Authentizität, intellektuellem Anspruch und professioneller Vorführung setzt „Sufi Devran“ einen neuen Maßstab. Die Auseinandersetzung mit der tiefergehenden Ebene des Islam muss verständlich dargelegt werden, aber auch praktisch nachvollziehbar sein.