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Symbol für religiöse Toleranz

Foto: U.S. Army Photo by Sgt. Cody W. Torkelson | Lizenz: Public Domain

.Humayun Khan rettete bei einem Anschlag in Irak das Leben seiner Kameraden und zahlloser Zivilisten. Das Grab des muslimischen Hauptmanns ist für Besucher des Militärfriedhofs von Arlington ein Magnet.
Washington (KNA). Abschnitt 60, Grab 7.986. Die Mitarbeiter des nationalen Militärfriedhofs kennen die letzte Ruhestätte des pakistanischstämmigen US-Offiziers bereits auswendig. Seit Donald Trump die Eltern des gefallenen Helden, Khizir und Ghazala Khan, öffentlich wegen ihrer Religion anging, haben viele US-Amerikaner das Bedürfnis, etwas zu tun, um die verletzte Ehre der Familie wiederherzustellen.
Mimi Robinson gehört dazu. Ihr Vater liegt nur ein paar Gräberreihen von Khan entfernt. Bei ihrem jüngsten Besuch machte sie einen Abstecher bei Hauptmann Khans Grab, in dessen Gedenkstein ein Halbmond eingemeißelt ist. Davor stehen Blumen, und in dem kurzgeschnittenen Rasen stecken ein paar Fähnchen mit dem Sternenbanner.
Mimi hat einen Brief mitgebracht, den sie ablegt und mit einem Stein beschwert. „Ich habe darüber nachgedacht wie Politik und Bürokratie meine Liebe für dieses Land angegriffen haben“, schreibt die Frau, deren Zeilen an die „New York Times“ gelangten. „Als ich Ihre Eltern sah und mehr über sie in Erfahrung brachte, hat mich das daran erinnert, wie Würde, Liebe und Segen in den vielfältigen Stoff eingewebt sind, aus dem die Vereinigten Staaten gemacht sind.“
Warme, vom Herzen kommende Worte einer Frau, die wie Millionen US-Amerikaner in der Kontroverse um Trumps Umgang mit der Familie eines muslimischen Kriegshelden erfuhren, wie viel die Khans für das Land geleistet haben.
Da ist natürlich zuerst mal die mutige Tat des Army-Hauptmanns, der sein eigenes Leben opferte, als er am 8. Juni 2004 in der Nähe der irakischen Stadt Baquba einen Selbstmordattentäter stoppte. Hätte das mit Sprengstoff beladene Auto die Tore zu einer von den US-Streitkräften gesicherten Zone erreicht, wären Dutzende oder noch mehr Soldaten oder Zivilisten getötet worden.
Posthum erhielt er für sein mutiges Handeln den „Bronzenen Stern“ und die Verletzten-Auszeichnung „Purple Heart“. Das ist der Hintergrund, vor dem Khizr Khan beim Parteitag der Demokraten im Sommer Trump daran erinnerte, dass Muslime zuweilen mehr für ihr Land geleistet hätten als Politiker, die mit national-chauvinistischen Parolen antreten. „Sie haben nichts und niemanden geopfert“, sagte er in Richtung Trump.
Seit dem Tod ihres Sohnes laden die Khans jedes Jahr die Kadetten der „University of Virginia“ zu Hot Dogs und Hamburgern in ihrem Haus ein. Eine Tradition zu Ehren ihres Sohns Humayun, der selbst das vormilitärische Programm der Universität Charlottesville absolviert hatte, bevor er sich als Freiwilliger für die US Army meldete.
Für viele Studenten ist das der erste Besuch im Haus einer muslimischen Familie. „Sie begreifen, wie ähnlich ihr eigenes und unser Zuhause ist“, erzählt Khizr Khan, der sein Geld als Anwalt für Einwanderer verdient. Auf dem Weg nach Hause drückt Khan den jungen Gästen stets eine Kopie der US-Verfassung in die Hand. Eine Geste, die die künftigen Soldaten sofort verstehen.
Seit Trump die Mutter Ghazala anging, weil die trauernde Frau während der Rede schweigend mit Kopftuch neben ihrem Mann stand, statten immer mehr Menschen dem Grab des Hauptmanns einen Besuch ab. Die Briefe und Zettel, die sie hinterließen, stapeln sich in Kisten auf dem Esszimmertisch der Familie.
„Wir versuchen zu zählen, wie viele Nachrichten hinterlassen wurden“, sagt Khizr, der sich zusammen mit seiner Frau die Zeit nimmt, die Briefe zu lesen. Sie antworten auch den Schreibern, wenn diese einen Absender hinterlassen haben. Angesichts der mehr als 4.000 Schriftstücke haben die Khans damit gut zu tun.
Ein Ende ist freilich nicht in Sicht. Das Grab mit der Nummer 7.986 ist zu einer Pilgerstätte religiöser Toleranz geworden, an der Besucher alle möglichen Erinnerungsstücke hinterlassen. Ein Trost nicht nur für die Eltern des gefallenen Humayun Khan.