Syrien-Gespräche in der Sackgasse

Foto: Dina el Kassaby | WFP

Dem Welternährungsprogramm fehlen für seine Hilfe in Syrien dieses Jahr noch rund 100 Millionen Euro. Wann der Krieg ein Ende finden wird, weiß derzeit niemand zu sagen. Seit 2011 wurden in Syrien zwei Millionen Häuser zerstört. Die UN gehen von bis zu 400.000 Toten aus.
Berlin (dpa). Die jüngsten Rückschritte bei den syrischen Friedensverhandlungen erschweren auch die Hilfslieferungen in belagerte Gebiete. „Es läuft jetzt nicht mehr so gut wie im Februar, wir warten oft lange bis eine Bewilligung kommt oder es kommt einfach keine Antwort“, sagte der Syrien-Direktor des Welternährungsprogramms (WFP), Jakob Kern, am Mittwoch in Berlin. Der humanitäre Zugang zu den von Regierungstruppen und Regimegegnern belagerten Gebieten verlaufe „parallel zu den Fortschritten und Rückschritten bei den Verhandlungen“. Laufe es in Genf schlecht, würden für das WFP Hürden aufgebaut. Wenn ein Oberst der syrischen Armee einen Konvoi nicht passieren lassen wolle, könne das Problem manchmal nur durch diplomatische Bemühungen unter Einbeziehung Moskaus gelöst werden.
Von den insgesamt 18 belagerten Gebieten seien 3 bis heute für die Vereinten Nationen nicht zugänglich, betonte Kern – die von Rebellen kontrollierten Damaszener Vororte Daria, Duma und Harasta. Eine Erkundungsmission nach Daria habe gezeigt, dass die Lage dort ähnlich schlimm sei wie zuvor in der Ortschaft Madaja. Dort seien vor Beginn der WFP-Hilfslieferungen Menschen verhungert. Die Einschränkungen für die humanitäre Hilfe in Syrien seien oft sehr frustrierend, sagte Kern. „Daria sehe ich von meinem Fenster aus“, berichtete der Schweizer, der in einem Hotel in Damaskus wohnt.
Deutschland ist für das WFP in der Syrien-Krise einer der wichtigsten Geldgeber. Die aktuellen Finanzmittel der UN-Organisation, die in Syrien jeden Monat rund vier Millionen Menschen mit Nahrungsmitteln versorgt, reichen noch bis Oktober. Zwei Drittel der WFP-Lieferungen gehen in Gebiete, die das Regime von Präsident Baschar al-Assad kontrolliert. Ein Drittel erreicht Menschen in den von Rebellengebieten. Das Welternährungsprogramm hat keinen Zugang zu rund einer Million Menschen, die in den von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kontrollierten Gebieten der Provinzen Deir as-Saur und Al-Rakka leben. Über einer vom IS belagerten Enklave in Deir as-Saur hatte das WFP zuletzt Nahrungsmittel mit Fallschirmen abgeworfen. Dort leben etwa 100 000 Menschen.
In dem Bürgerkriegsland gilt seit Ende Februar eine Waffenruhe, die aber zuletzt immer brüchiger geworden ist. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) berichtete am Mittwoch von 89 Zivilisten, die allein in den vergangenen fünf Tagen bei Angriffen von Regierungskräften und Rebellen in der umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo getötet worden waren. Bei den Vorfällen habe es sich offensichtlich nicht um Angriffe auf militärische Ziele gehandelt.
Die Regimegegner machen für den Anstieg der Gewalt die Regierung verantwortlich. Aus Protest reisten die Vertreter der Opposition Ende vergangener Woche von den Friedensgesprächen in Genf ab.
Durch den 2011 begonnenen Bürgerkrieg ist die Hälfte der 22 Millionen Syrer heimatlos geworden. 4,5 Millionen von ihnen flüchteten ins Ausland; 6,5 Millionen Menschen suchten in anderen Landesteilen Syriens Schutz.