Zentralrat der Muslime sieht Urteil zu Burka-Verbot kritisch

Osnabrück (KNA) Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sieht das aktuelle Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Rechtmäßigkeit des Burka-Verbots in Frankreich kritisch. In einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwoch) sagte Mazyek: „Ein solches Verbot kann auch eine Einschränkung der Religions- und Meinungsfreiheit bedeuten.“ Manchmal könne das Selbstbestimmungsrecht der Frau eine Richtung gehen, die einem persönlich nicht gefalle oder religiös umstritten sei, die dennoch aber nicht einfach beschnitten werden dürfe.

Mazyek hob hervor, dass der Ganzkörperschleier, der auch das Gesicht verhüllt, aus islamisch-theologischer Sicht kein Muss sei. „Das Tragen einer Burka ist oft eine kulturell gewachsene Tradition.“ Zwar werde dies in der westlichen Gesellschaft als fremd empfunden, es sei aber nicht automatisch ein Zeichen der Unterdrückung der Frau.

Persönlich lehnt der Zentralrats-Vorsitzende Nikab oder Burka ab. „Ich finde das auch unsolidarisch gegenüber jenen muslimischen Frauen, die ihr Gesicht mit Kopftuch zeigen“, sagte Mazyek.

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hatte am Dienstag das Burka-Verbot in Frankreich für rechtsgültig erklärt. Das Verbot der Vollverschleierung verstoße nicht gegen die Grundrechte, urteilten die Straßburger Richter. Es sei legitim, wenn der Staat auf diese Weise die Voraussetzung für ein Zusammenleben in der Gesellschaft wahren wolle.

Eine 24-jährige Französin mit pakistanischen Wurzeln hatte gegen das Verbot geklagt, weil sie sich unter anderem in ihrer Religionsfreiheit, der Meinungsfreiheit und der Achtung des Privat- und Familienlebens eingeschränkt fühlte. Die Muslimin war aus Angst vor feindseligen Reaktionen anonym geblieben.

Seit April 2011 ist eine Vollverschleierung in der Öffentlichkeit in Frankreich verboten. Anderenfalls droht ein Bußgeld von 150 Euro. Zudem können Frauen, die auf öffentlichen Plätzen den islamischen Ganzkörperschleier tragen, zu einem Kurs in Staatsbürgerkunde verurteilt werden. Nach dem französischen Vorbild untersagte Belgien im Juli 2011 als zweites Land in Europa ebenfalls die Vollverschleierung.