30 Jahre Islamic Relief weltweit. Nuri Köseli erinnert an langjährige Hilfsarbeit

Ausgabe 229

(IRD). Im Jahre 1984 entstand Islamic Relief als Reaktion auf die Dürrekatastrophe am Horn von Afrika, um den von Hungersnot betroffenen Menschen Hilfe zu überbringen. Als eine kleine Initiative machte diese neue Organisation anfänglich die Muslime Europas auf die Notlage von Menschen weltweit aufmerksam. Heute ist sie ein führendes Beispiel von zivilgesellschaftlichem Engagement von Muslimen mit einem großen internationalen Netzwerk.

Vision und Mission
Mit der Vision, eine mitfühlende Welt zu schaffen, in der die Grundbedürfnisse von bedürftigen Menschen erfüllt werden, verbreitete sich Islamic Relief als ein Dienst an der Menschlichkeit auf fünf Kontinenten und ist mittlerweile in mehr als 40 Ländern vertreten. Gemäß den moralischen Grundsätzen des Islam hinsichtlich der universellen Würde und dem Wert allen Lebens setzt sich Islamic Relief für die Bedürftigen unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Nationalität, Alter oder Religion ein. Um mittellosen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, arbeitet sie vor Ort Seite an Seite mit ihnen und unterstützt die örtlichen Gemeinschaften nachhaltig. So erfüllt sie eine Brückenfunktion zwischen Spender und Spendenempfänger, sodass die einen ihre Pflicht zum Teilen erfüllen und die anderen zu ihrem Recht auf ein menschenwürdiges Leben kommen.

Meilensteine
Schon 1985, kurz nach der Gründung von Islamic Relief, wurde der Zakatfonds errichtet, damit Muslime ihre Zakatpflicht erfüllen konnten. Ein Jahr danach wurde das Waisenprogramm sowie das Kurbanprojekt eingeführt. Das Engagement von Islamic Relief, zunächst als Soforthilfe bei Katastrophen und gewaltsamen Konflikten, entwickelte sich dann Anfang der 1990er Jahre auch in Richtung sektorenübergreifende Entwicklungs-Zusammenarbeit, um so die Versorgung der Ärmsten der Armen nachhaltig und dauerhaft zu verbessern. Währenddessen schlossen sich immer mehr Menschen der Idee eines muslimischen weltweiten Engagements an und sorgten so für die Gründung und Eintragung von Islamic Relief in ihren Ländern in Europa, Asien, Afrika, Amerika und Australien. Die Kriege am Golf (1991, 2003), in Bosnien (1992-1995), in Tschetschenien (Ende 1994-1996 und 1999-2000) und im Kosovo (1998-1999) waren mit der Überbringung lebenswichtiger Hilfe an betroffene Zivilisten für die Geschichte dieser jungen muslimischen Hilfsorganisation sehr prägend. Hunderttausende Menschen mussten versorgt und in Sicherheit gebracht werden. Islamic Relief leistete während der genannten Konflikte sowohl der Zivilbevölkerung in den Kriegsgebieten, als auch den in Nachbarländern ankommenden Flüchtlingen lebensrettende Hilfe und gewann so immer mehr an Erfahrung und Expertise.

Sehr bedeutend in der Entwicklung von Islamic Relief war auch die Akkreditierung im Ausschuss der Nichtregierungsorganisationen im Wirtschafts- und Sozialrat der UNO (ECOSOC). ECOSOC koordiniert die Arbeit von mehreren UN-Organisationen und Fonds, unter anderem für den sozialen, kulturellen und humanitären Bereich. So arbeitet Islamic Relief in vielen unzugänglichen Konfliktgebieten mit dem Hohen Flüchtlingskommissariat der UN, der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem Welternährungsprogramm oder UNRWA (Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge) zusammen. Was mit einer Spende von (umgerechnet) 50 Cent anfing, erreichte im letzten Jahr international ein Spendenvolumen von über 240 Millionen Euro.

Gemeinsam für eine ­bessere Zukunft
Das Ausmaß und die verheerenden Folgen von Naturkatastrophen sowie die heutige Dimension gewaltsamer Konflikte wird auch in Zukunft eine große Herausforderung für die humanitäre Arbeit darstellen. Die Islamic Relief-Familie aus 40 Ländern kam im April diesen Jahres in Antalya zusammen, um sich über die vergangenen 30 Jahre und die zukünftige Ausrichtung von Islamic Relief auszutauschen. Die Organisation wird weiterhin auf nationaler und internationaler Ebene ihre Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinden und in den Netzwerken verstärken. Um noch effektiver und unmittelbarer für Bedürftige da zu sein, wird Islamic Relief ihre Regionalisierung auch in Zukunft fortsetzen.

Islamic Relief ist sich ihrer besonderen Aufgabe sehr bewusst. Mit ihrer Funktion als Vermittlerin und Brücke zwischen den Kulturen sowie Arm und Reich möchte sich Islamic Relief als eine werteorientierte Organisation zukünftig mehr denn je zu einer Wohlfahrtsorganisation sowohl im Ausland als auch im Inland entwickeln.

Mehr Informationen: www.islamicrelief.de

Zum Gedenken
Islamic Relief gedenkt ihrer getöteten Helfer und möchte ihr Andenken bewahren. Einige verloren ihr Leben in der Ausübung ihrer Mission, um Menschenleben zu retten. Da ist Zulfiqar Ali, der in Kashmir in ein Kreuzfeuer geriet und sein Leben dabei verlor (2003). Murat Lukiyaev, Julietta Gourfova, Albert Shomakov and Rimma Taova kamen während ihres Einsatzes im Kaukasus bei einem Autounfall ums Leben (2004). Tauseef Abbasi starb, als eine Lagerdecke während der Flut in Pakistan (2010) einstürzte. Ahmad Mohamed Noor wurde durch eine Schusswunde während seines Hilfseinsatzes in Somalia getötet, als er vom Abendgebet aus einer Moschee kam (2012).