Als Bürger und Muslime sind wir gleichermaßen betroffen. Leitartikel von Khalil Breuer

Ausgabe 244

(iz). Die Welle der Flüchtlinge nach Europa hat auch bei Muslimen eine unvergleichliche Hilfsaktion ausgelöst. In vielen Städten wurden Flüchtlinge zum ‘Id-Gebet eingeladen, Spenden wurden gesammelt oder mit Geschenken die zahlreichen Flüchtlingsunterkünfte besucht. Unter den tausenden ehrenamtlichen Helfern reihen sich viele Muslime ein und beteiligen sich am zivilgesellschaftlichen Engagement. Langsam setzt sich auch bei Muslimen die Meinung durch, dass die Flüchtlinge nicht nur Deutschland, sondern auch viele unserer Gemeinden „bunter“ werden lassen. Viele Moscheegemeinden werden bereits als offene soziale Dienstleister wahrgenommen.

Die lokale Verteilung der Zakat ist ein weiterer Gesichtspunkt der veränderten sozialen Lage. Letztendlich wird die größte Zuwanderungswelle der deutschen Geschichte wohl auch einigen Druck auf die Verbände auslösen, die sich nach wie vor nach dem Kriterium der ethnischen Zugehörigkeit aufstellen.

An vielen Debatten in sozialen Medien beteiligen sich Muslime, warnen vor einem aufkeimenden Nationalismus oder wehren sich gegen den Mythos eines rein christlichen Europas. Nicht zuletzt beginnt aber auch in der muslimischen Community eine Diskussion darüber, wie wir uns als BürgerInnen dieses Landes in der aktuellen Situation positionieren. Im Grunde geht es darum, auf Dauer eine mittlere Position – zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik – zu formulieren. Nicht zur Disposition steht dabei jemals der Respekt vor dem Schicksal der flüchtenden Menschen und ein würdevoller Umgang mit den Betroffenen.

Es besteht kein Zweifel, dass für die Kommunen die Muslime bei der großen Integrationsaufgabe wichtige und zuverlässige Partner sein können. Niemand – auch nicht wir Muslime – wird die Probleme der Integration leugnen können. Natürlich wächst auch unter Muslimen in Deutschland die Sorge, dass eine unkontrollierte Flüchtlingsbewegung Extremisten nach Deutschland führen könnte. Schon jetzt versuchen islamophobe Kreise, mit Extrem- und Einzelfällen die gesamte muslimische Gemeinschaft in Verbindung zu bringen und zu diskreditieren. Selbstredend sind es eben diese Kreise, die Muslimen die Eigenschaft als Bürger dieses Landes absprechen wollen.

Notwendiger denn je ist es also angesichts der angespannten Lage, das Engagement und das Potential der Muslime besser zu koordinieren. Leider nimmt der Koordinationsrat der Muslime diese dringende Aufgabe bisher nicht wahr. Auch hier könnte der Veränderungsdruck neue Strukturen, notfalls ohne die Verbände, hervorbringen.

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