Angriff auf den Iran: US-Denkfabriken warnen vor Abenteuern. Von Jim Lobe

Ausgabe 205

Selbst neokonservative Denkfabriken sind sich nicht mehr einhellig sicher, ob ein Angriffe seiten Israels und/oder der USA auf den Iran wirklich eine so gute und funktionierende Idee ist.

(IPS). Nach Ansicht einer US-amerikanischen Denkfabrik aus dem Dunstkreis des US-Präsidenten Barack Obama dürfte sich ein Angriff Israels oder USA auf den Iran als „kontraproduktiv“ erweisen. Nach Einschätzung des Center for a New American Security (CNAS) sollte eine militärische Option nur dann zum Einsatz kommen, wenn der Iran „deutliche Schritte in Richtung Waffenfähigkeit“ unternimmt. Außerdem müsse es „vernünftige Aussichten“ geben, dass eine solche Attacke das iranische Atomprogramm bedeutsam zurückwerfen ­werden. Verfasst wurde der Report von Colin Kahl, der bis Januar als führender Berater im Pentagon diente.

In seinem Bericht rät das CNAS Entscheidungsträgern in den USA, dass beide Staaten Schritte vermeiden sollten, die die Aussichten für eine Verhandlungslösung drastisch vermindern würden. Insbesondere sollten es die Regierungen in Washington und Tel Aviv – wie von Israel und den Falken im US-Kongress gefordert – unterlassen, ­Teheran zum Ende seiner Urananreicherung auf eigenem Staatsgebiet zwingen zu wollen. Solche eine Einstellung würde „zu überhaupt keiner Einigung führen“.

Nach Ansicht des Center for a New American Security sei es wahrscheinlich, dass sich Teheran die technischen Fähig­keiten aneignen möchte, damit es – wenn gewünscht – zur Produktion von ­Waffen fähig ist. „Das iranische Regime ist nicht selbstmörderisch und ausreichend vernünftig, dass die grundlegende Logik nuklearer Abschreckung funktioniert“, findet sich in dem CNAS-Papier. Es ist „unwahrscheinlich“, dass Teheran Atomwaffen an Terroristen weitergeben würde, um sie gegen Israel einzusetzen.

Der neue Bericht aus dem Obama-Umfeld kam zu einem entscheidenden Augenblick: in der Mitte der zweiten Bagdader Verhandlungsrunde zwischen Iran und der so genannten P5+1 – den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates sowie Deutschland. Iranische Vertreter zeigten sich ziemlich enttäuscht über die, ihrer Meinung nach „gescheiterten“ Verhandlungen in Bagdad. Insbesondere verlangte Teheran einige Erleichterungen der harten Sanktionen in den Sektoren Bankwesen und Erdöl, die langsam Auswirkungen auf die belastete iranische Wirtschaft haben. Israel und die Falken fühlten sich durch das bisherige Scheitern bestätigt.