Aufruf zur Positivität

Ausgabe 259

Foto: Eren Güvercin

(iz). Im November ehrte der amerikanische Gelehrte Dr. Umar Faruq Abd-Allah Deutschland mit einem Besuch. Er war bei Gemeinschaften zu Gast und hielt Vorträge in Osnabrück, Köln, Bochum und Frankfurt. Hauptthemen waren der „kulturelle Imperativ im Islam“ sowie die Zurückweisung muslimischen Extremismus.
Der Schaikh verdeutlichte in einer­ inspirierend positiven Veranstaltung an der Kölner Universität die Wichtigkeit der kulturellen Identität der Muslime des jeweiligen Landes, in dem sie leben. Es sei nicht möglich, Islam ohne Bindung an Ort und Zeit richtig zu verstehen und zu leben. Eine Art ethnischer Stolz und Verbindung zum Ursprungsland der Eltern oder Großeltern dürfe nicht den islamischen Imperativ übersteigen, die Kultur, in der man lebe, zu achten und mitzugestalten.
Eindrücklich beschrieb er, wie Muslime in der islamischen Geschichte ihre Umgebung beeinflussten, ohne die Wesensart der Menschen, der Natur und der Orte zu zerstören. So sah und sieht Islam in China sehr chinesisch aus, von der Architektur bis hin zur Vermischung chinesischer und arabischer Schrift zu einer einzigartigen Kalligraphie, während er im Griechenland des Osmanischen Reiches eben sehr griechisch aussah. In der heutigen Zeit ist es wichtig, zu verstehen, dass dies kein Bruch mit dem Islam ist, sondern Teil der Sunna. Muslime haben sich immer in die Gesellschaften, in denen sie lebten, eingefügt statt sich zu isolieren.
Nur so war die Akzeptanz der Nichtmuslime zu erreichen, nur so konnte gegenseitiger Respekt unter den verschiedenen Völkern bestehen bleiben. Die osmanischen Herrscher hätten nicht erfolgreich sein können, hätten sie das wertvollste Erbe und die geliebten kulturellen Schätze ihrer Untertanen zerstört.
Dr. Abd-Allah beendete seinen Vortrag mit dem Aufruf, endlich Teil der Gesellschaft zu werden, in der wir leben. Es sei nicht möglich, auf Erfolg zu hoffen, wenn man sich fortwährend als Migranten verstehe, ohne je anzukommen. Die ethnischen Unterschiede dürften nicht zur Spaltung führen und schlechte Traditionen unserer Vorfahren dürften nicht mit nach Deutschland transportiert werden. Während es in manchen muslimischen Gesellschaften üblich sei, die Kinder nicht an Angehörige anderer Volksgruppen zu verheiraten, könne dies in Deutschland kein Kriterium sein.
Er betonte insbesondere, dass Frauen nicht nur im Allgemeinen eine bessere Behandlung verdienen, sondern auch Gelehrtinnen werden müssen. Es müsse eine Rückbesinnung zur islamischen Tradition geben, in der Frauen immer ein lebenswichtiger Bestandteil der Lehre und des muslimischen Lebens waren.
In Frankfurt lag der Fokus auf muslimischem Extremismus. Der Gelehrte ­erklärte in einem vollbesetzten Saal die islamische Position und die Nichtvereinbarkeit und Nichtzugehörigkeit jeglicher Art von Extremismus und Gewalt mit der islamischen Tradition. Doch ermahnte er auch die Zuhörer, diejenigen, die in den Wahhabismus abgerutscht sind, nicht zu dämonisieren und sich nicht prinzipiell von ihnen fernzuhalten. Allah verlange von uns, auch sie zu lieben, so wie die gesamte Menschheit, und gut zu ihnen zu sein.
Unsere Aufgabe sei es, ihnen zu zeigen, was Islam wirklich bedeutet. Und Islam sei die Liebe zu Allah, die Liebe zu Seinem Gesandten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und zu Seiner Schöpfung.