Auftakt des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit

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Die Anschläge in Hanau und Halle, die geplanten Angriffe auf Moscheen in zehn Bundesländern, die Übergriffe auf Muslim*innen und muslimische Einrichtungen und nicht zuletzt die Diskriminierungen im Alltag – antimuslimischer Rassismus und Islam- und Muslimfeindlichkeit sind Alltag in Deutschland.

Berlin (CLAIM/KNA). In Berlin ist am Mittwoch der Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM) zu einem ersten Treffen im Bundesinnenministerium zusammengekommen. Die zwölf Mitglieder repräsentierten eine „breite fachliche Expertise aus Wissenschaft und Praxis“ und sollten „das breite Spektrum und die Vielfalt muslimischen Lebens in Deutschland widerspiegeln“, erklärte das Ministerium im Anschluss.

Im Mittelpunkt der Begegnung stand demnach ein Austausch mit dem zuständigen Staatssekretär Markus Kerber. Anschließend tagte das Gremium zum ersten Mal. Der Kreis soll die Erscheinungsformen von Muslimfeindlichkeit analysieren und auf Schnittmengen etwa mit antisemitischen Haltungen hin untersuchen, um so diese Formen von „Menschenfeindlichkeit zurückdrängen“. Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte die Mitglieder am 1. September berufen.

Das im Januar gegründete Kompetenznetzwerk Islam- und Muslimfeindlichkeit präsentiert sich heute im Rahmen eines Fachgesprächs erstmals der breiteren Öffentlichkeit. Ziel des Kompetenznetzwerks ist es, in den nächsten Jahren Expertise zum Themenfeld Islam- und Muslimfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus zu bündeln, weiterzuentwickeln und Bildung, Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft zur Verfügung zu stellen.

Das Kompetenznetzwerk besteht aus drei bundesweit tätigen Partnern: CLAIM, getragen von Teilseiend e.V., der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V. (aej) und dem Zentrum für Europäische und Orientalische Kultur e.V. (ZEOK). Dabei umfasst das Kompetenznetzwerk die Kernbereiche Bildung, Datenerfassung und Beratung, Strategische Kommunikation sowie Empowerment – vor allem der muslimischen Zivilgesellschaft. Auch wissenschaftliche Impulse werden durch das Kompetenznetzwerk gesetzt. So wird im Oktober eine erste Kurzstudie veröffentlicht, in der die Beratungssituation von Betroffenen von antimuslimischen Übergriffen und Diskriminierung eruiert wird. Im nächsten Jahr folgt eine repräsentative Studie, die die Verbreitung islamfeindlicher Einstellungen unter Jugendlichen erfasst. Gefördert wird das Kompetenznetzwerk für die nächsten fünf Jahre.

„Die Förderung eines Kompetenznetzwerks Islam- und Muslimfeindlichkeit ist vor dem Hintergrund weit verbreiteter antimuslimischer Einstellungen ein weiterer wichtiger Schritt, um dem antimuslimischen Rassismus in Deutschland etwas entgegenzusetzen. Dieser Zusammenschluss ermöglicht eine Bündelung von Expertise und eine noch breitere Verankerung des Themas – auch über die Zivilgesellschaft hinaus. Insbesondere das Problembewusstsein und Wissen zu antimuslimischem Rassismus und seinen Auswirkungen in der Gesellschaft muss dringend gestärkt werden. Antimuslimischer Rassismus ist weder ein Randphänomen, noch ausschließlich im Rechtsextremismus zu verorten. In das Kompetenznetzwerk wird CLAIM insbesondere die langjährige und breite Expertise und Erfahrung der Allianzmitglieder einbringen“, betont Nina Mühe von CLAIM.

Onna Buchholt, Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V.: „Die große Stärke unserer gemeinsamen Trägerschaft ist das breite Netzwerk, das wir zusammen abbilden. CLAIM bildet durch die Allianzmitglieder eine Vielzahl an Fach- und Betroffenenorganisationen im Themenfeld ab, ZEOK und wir als aej verfügen darüber hinaus über weitere Zugänge. Wir sehen es als unerlässlich an, dass sich nicht nur Betroffene und ihre Organisationen gegen antimuslimischen Rassismus und Islam- und Muslimfeindlichkeit stark machen, sondern auch verbündete Vertreter*innen der Mehrheitsgesellschaft deutlich Stellung beziehen und innerhalb ihrer Bezüge dafür sensibilisieren. Darin sehen wir unsere Aufgabe als Evangelischer Jugendverband.“

Jule Wagner vom ZEOK sagt: „Antimuslimischen Rassismus erleben Betroffene vor allem in ihrem Alltag. Davon sind auch Kinder und Jugendliche betroffen in den Einrichtungen, die sie täglich besuchen – Schulen, Kitas, Jugendeinrichtungen, etc. Wir wollen pädagogische Fachkräfte stärken, sich klar gegen rassistische Äußerungen und Diskriminierungen positionieren zu können. Zum einen um Betroffene zu schützen. Zum anderen sollen pädagogische Fachkräfte eine rassismuskritische Bildungsarbeit für alle Kinder und Jugendlichen etablieren, denn diese ist ein Kernbestandteil jeder demokratischen Bildung.“