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Berlin und seine skurrile Posse um Ali-Baba-Spielplatz

Foto: Wikimedia Commons, gemeinfrei

„Wir haben hier keine Moschee gebaut, sondern eine orientalische Burg.“ Franziska Giffey (SPD)
Berlin (dpa). Der Untergang des Abendlandes  – so meinen einige  – nimmt im Sand gleich hinter dem Berliner S-Bahnhof Neukölln seinen Lauf. In einer Seitenstraße mit schmucklosen Mietskasernen ist ein hölzerner Kuppelbau mit gelbem Halbmond an der Spitze entstanden, der sich gleich zu einem Aufreger in der Hauptstadt entwickelt hat. Der Stein des Anstoßes: ein neuer Kinderspielplatz.
Kinder sollen dort in die Märchenwelt von Ali Baba und den 40 Räubern eintauchen können. Doch Verschwörungstheoretiker und vermeintliche Hüter des Abendlandes sehen in dem Projekt einen Beleg für den angeblichen Vormarsch des Islam in Deutschland. „Jetzt werden schon Spielplätze zu religiösen Einrichtungen“, schrieb die Berliner AfD-Fraktion auf Twitter  – schon vor Wochen, als erste Bilder der Baustelle auftauchten. Hasserfüllte Kommentare machten in der Folge die Runde.
Dabei hat die Gestaltung mit Religion gar nichts zu tun. „Die Debatte ist wirklich absurd“, sagt Neuköllns Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) bei der Eröffnung am Mittwoch. „Wir haben hier keine Moschee gebaut, sondern eine orientalische Burg.“ Ziel sei es, Geschichten zu erzählen, die Fantasie der Kinder anzuregen, sie in eine Märchenwelt eintauchen zu lassen. Neben dem fünf Meter hohen Kletterhaus mit Kuppel finden sich auch hölzerne Palmen, ein Basar, ein fliegender Teppich sowie Ali Baba und eine Schatztruhe auf dem Gelände.
„Solche Themenspielplätze sind in Berlin und in Deutschland keine Seltenheit“, erläutert Spielplatzplaner Axel Kruse, der für die Umgestaltung des lange unansehnlichen Areals in der Neuköllner Walterstraße verantwortlich ist. „Sie liegen seit 20 Jahren im Trend.“ Ob mit Jim Knopf, Schneewittchen und den sieben Zwergen oder Bernd dem Brot  – in Neukölln gibt es schon einige solcher Spielplätze. Seit 15 Jahren auch einen zu den Märchen aus 1001 Nacht. „Gestört hat sich daran bisher niemand“, sagt Kruse.
Bei dem neuen Spielplatz wollten die Verantwortlichen nun alles richtig machen. Sie befragten die Nachbarschaft, welches Märchen sie sich wünschten. Schließlich wurde es Ali Baba, weil die Kinder einer gleichnamige Kita um die Ecke das vorschlugen. „Wie man daraus eine politische und religiöse Diskussion machen kann, ist mir unbegreiflich“, sagt Kita-Leiterin Güldane Yilmaz. „Religion hat in der Kita nichts zu suchen.“ Allerdings, räumen die Beteiligten ein, habe es auch bei einigen Eltern Bedenken gegen das Projekt gegeben.
Zwischenfälle bei der Eröffnung bleiben aber aus  – sieht man von dem Trubel ab, den ein rot gekleideter Nikolaus mit Süßigkeiten bei den zahlreich anwesenden Kindern auslöst. Und den Kita-Knirpsen ist die politische Debatte bei der Eröffnungsfeier sowieso egal. Ungeduldig warten sie auf das „Sesam öffne dich“, dann stürmen sie ihren neuen Spielplatz mit lautem Geschrei. Das Kletterhaus mit Kuppel und Halbmond nehmen sie sofort in Beschlag.