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Bundesverwaltungsgericht sieht Klärungsbedarf bei muslimischen Verbänden

Foto: Florian KoppeCC BY-SA 3.0a/

Leipzig (KNA). Erfüllen die großen muslimischen Organisationen in Deutschland die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft? Um diese Frage zu beantworten, bedarf es nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in Leipzig noch weiterer Klärung, wie aus einem jetzt veröffentlichten Beschluss hervorgeht. Voraussetzung ist demnach, ob die Verbände über „Kompetenz und Autorität in Fragen der religiösen Lehre“ verfügen und ob sie die Verfassungsordnung des Grundgesetzes respektieren. Ein „verbindliches Lehramt“ dagegen sei nicht erforderlich.
Hintergrund ist ein seit über 20 Jahren laufender Rechtsstreit zum islamischen Religionsunterricht an Schulen in Nordrhein-Westfalen. 1998 hatten der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland und der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) auf Einführung eines solchen Unterrichts geklagt. Dazu müssen sie vom Staat als Religionsgemeinschaft anerkannt sein.
In mehreren Instanzen – am Verwaltungsgericht Düsseldorf und am Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster – war ihnen der Status als Religionsgemeinschaft bereits abgesprochen worden. Im Jahr 2005 hob das Bundesverwaltungsgericht das letzte OVG-Urteil auf und verwies den Fall nach Münster zurück. Bis 2016 ruhte der Fall und wurde danach wieder aufgenommen.
Im Herbst 2017 kamen die Richter in Münster dann erneut zu dem Schluss, dass die Verbände nicht als Religionsgemeinschaft angesehen werden können und sie damit auch keinen Anspruch auf allgemeinen islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen haben. Eine Revision ließ das Gericht damals nicht zu. Dagegen konnten die Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim BVerwG erheben, der Leipzig nun stattgab und das Verfahren erneut nach Münster zurückverwies. Zur Begründung hieß es, dass Oberverwaltungsgericht habe die bereits 2005 formulierten Erwägungen „nicht hinreichend“ beachtet.
Als Übergangslösung hatte Nordrhein-Westfalen 2012 einen provisorischen Islamunterricht eingeführt. Form und Inhalt bestimmt ein Beirat, in den verschiedene Islamverbände und das Schulministerium Vertreter entsenden. Das Gremium erteilt auch die Lehrerlaubnis für die Pädagogen. Die Übergangslösung läuft im Juli kommenden Jahres aus. Laut einer Sprecherin des nordrhein-westfälischen Bildungsministeriums soll bis Ende des laufenden Schuljahres klar sein, wie es mit dem islamischen Religionsunterricht weitergeht, an dem im Schuljahr 2017/2018 rund 19.400 Schüler in ganz NRW teilnahmen.
Der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek begrüßte den Beschluss der Leipziger Richter. Allerdings sei es Aufgabe der Politik, „zu gestalten und Entscheidungen zu treffen“. Der erste Antrag auf islamischen Religionsunterricht „der gemäß den Vorgaben unserer Verfassung von uns als Religionsgemeinschaft unter staatlicher Aufsicht und in deutscher Sprache“ abgehalten werde, stamme aus dem Jahr 1994. Der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, erklärte, es sei wichtig, in der Frage Fortschritte zu erzielen, „um die Beheimatung muslimischen Lebens in Deutschland weiter zu festigen“.