Das Lehrgedicht „Al-Murschid Al-Mu’in” von Ibn ‘Aschir enthält wichtige Elemente des Islams. Von Dr. Asadullah Yate

Ausgabe 201

(iz). Imam ‘Abdulwahid ibn ‘Aschir war ein bekannter marokkanischer Gelehrter des 11. Jahrhunderts nach der Hidschra. In seinem bekannten Lehrgedicht „Al-Murschid Al-Mu’in” sind die drei Teilelemente des Islam – ­Islam (religiöse Lebenspraxis), Iman ­(inne­re Glaubenslandschaft des Herzens) und Ihsan (spirituelle Vollkommenheit) – verständlich und kompakt zusammengefasst, sodass sie einfach auswendig zu lernen sind.

Beim letzten Mal (Kapitel 20) erreichten wir den Abschnitt der Sunnan des Gebets, die eine geringere Priorität haben. Das heißt, dass diejenigen, die sie im ­Gebet verges­sen, keine Niederwerfung des Vergessens machen müssen und dass ihr Gebet seine Gültigkeit beibehält.

Imam Ibn ‘Aschir fährt mit seiner Beschreibung fort:

122. Die Verkürzung der Salat für den Reisenden ab einer Distanz von vier Barid im Fall von Dhuhr (Mittagsgebet), ‘Asr (Nachmittagsgebet) und ‘Ischa (Nachtgebet), bis er heimkehrt.

Das Barid war ein zeitgenössisches, arabisches Längenmaß. Es hatte die ungefähre Länge von 19,2 Kilometern. Demnach fängt die Distanz für das Reisegebet bei ca. 80 Kilometern an. Ande­re Gelehrte sind der Ansicht, dass die notwendige, zurückgelegte Strecke bei mindestens 120 Kilometern liegt. Laut dem ‘Amal von Medina muss der Reisen­de dafür allerdings die Grenzen seines Wohnortes verlassen haben. Sobald man sich derart im Zustand des Reisens befindet, dürfen die Gebete verkürzt und zusammen gelegt werden (das heißt das Mittags- und das Nachmittagsgebet beziehungsweise das Abend- und das Nachtgebet). Allerdings ist es empfohlen, auf die Zusammenlegung (Dscham’) zu verzichten, sollte dies möglich sein. Aber auch hier gilt: Die Einhaltung der Gebetszeit ist wichtiger als alle anderen Überlegungen. Daher können Reisenden auf Flügen oder in Zügen ihr Gebet sogar in ihren Sitzen verrichten. Darüber hinaus erlaubt der Status des Reisenden auch das Unterbrechen eines Fastens. Allerdings muss man sich bereits auf der Reise befinden, damit das Fasten nicht bereits innerhalb der Grenzen des eigenen Wohnorts gebrochen wird.

Bei den drei Gebeten, die verkürzt werden, halbiert sich die Menge der Gebetseinheiten (von zwei auf vier). Das Gebet endet dann nach dem Sitzen im zweiten Raka’t mit dem Friedensgruß (Taslim).

123. Wenn er sich innerhalb eines besiedelten Ortes befindet und solange er nicht die Absicht hat, länger als vier Tage zu bleiben. In diesem Fall verrichtet er das Gebet in seinem vollen Umfang.

Selbst wenn man im landläufigen ­Sinne auf Reisen ist, endet die ­Erlaubnis für das Reisegebet laut der Mehrheitsmeinung nach 20 Gebeten. Bleibt man auf seiner Reise länger an genau dem gleichen Ort, ist die Erleichterung (Rukhsa) der Gebetsverkürzung aufgehoben. Es sollte an dieser Stelle angemerkt werden, dass diese Rukhsa auch dann nicht entfällt, wenn Reisende das Gebet mit einer ansässigen Gemeinschaft verrichten und die volle Menge der Raka’t vollziehen. Allerdings ist es empfohlen, diesen Fall eher zu meiden und separat zu beten.

Kommen Reisende in eine etablierte Moschee mit einem festen Imam und das Gemeinschaftsgebet ist vorbei, müssen sie ihre Reisegebete individuell ­verrichten. Im ‘Amal von Medina ist es, im Gegensatz zu anderen Rechtsmeinungen, untersagt, ein weiteres Gemein­schaftsgebet in ein und demselben Ort abzuhalten. In Ländern, in denen andere Rechtsschulen vorherrschen, kann man gelegentlich beobachten, wie sich direkt nach dem Ende eines Gebets Gruppen von Nachzüglern zusammen­schließen und in Gemeinschaft beten.

Für Reisende entfällt darüber hinaus die Verpflichtung, an Freitagsgebeten teilnehmen zu müssen.

124. Es ist empfohlen, den Kopf nach rechts zu wenden, wenn man den ­letzten Salaam spricht. Das Sprechen des „Amins“ [nach der Sura Al-Fatiha]; mit Ausnahme des Falles, in dem der Imam es [während der Gebete, in denen laut der Qur’an rezitiert wird] laut ausspricht.

Das heißt, bei dem Friedensgruß zur Beendigung der Salat (im letzten Sitzen) wird während des Salams nach rechts gewendet. Der Salam ist eines der Pflichtelemente des Gebets, ohne welches es nicht gültig ist. Dies Wendung des Kopfes ist nur empfohlen (mandub), nicht aber verpflichtend.

Hier muss eine Einschränkung gemacht werden: Sowohl der Autor der „Risala“ [Abi Ibn Zaid Al-Qairawani, einer der führenden malikitischen Gelehrten der Anfangszeit] als auch die Anhän­ger von Imam Abu Hanifa sind der Ansicht, dass das „Amin“ nur so laut gesprochen werden soll, dass man es selbst hören kann. Wie bei anderen ­Fragen bezüglich der mandubat gibt es auch hier durchaus unterschiedliche Meinungen.