Der CDU-Politiker Ruprecht Polenz im Gespräch über Antisemitismus, Islam und „Facebook“. Interview: Volker Resing

Ausgabe 201

(KNA). Bei Fragen nach dem Islam und der Lage in Israel braucht es eine kontro­versere und offenere Debatte, meint der Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz (CDU). Zu häufig würden sich die unterschiedlichen Lager nur „im jeweils eigenen Dunstkreis“ aufhalten, so der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur. Im sozialen Netzwerk „Facebook“ lässt Polenz deswegen die ­Meinungen aufeinanderprallen. Teilweise bis an die Schmerzgrenze.

Frage: Auf ihrer persönlichen Pinnwand im sozialen Netzwerk „Facebook“ geht es hoch her. In teilweise ruppigen Ton wird dort über die Lage im Nahen Osten, die Veränderungen in der arabischen Welt und die Situation Israels debattiert. Warum bieten sie dieses Forum? Ruprecht Polenz: Seit zwei Jahren bin ich bei „Facebook“ aktiv. Ich habe festgestellt, dass sich die unterschiedlichen Lager meist nur im jeweils eigenen Dunstkreis bewegen. Auf meiner Pinnwand prallen die Meinungen dann etwas heftiger aufeinander. Das ist für mich mitunter sehr lehrreich und für Debatten vielleicht ein Gewinn. Zum anderen macht es mir auch Freude, mit dem iPad neue Leute kennenzulernen und Diskussionen zu führen.

Frage: Da wird dann schon mal mit härteren Bandagen gekämpft und sie werden in die Nähe von Antisemitismus gerückt – was bringt Polemik?

Ruprecht Polenz: Solche Vorhaltungen sind in der Sache sicher nicht hilfreich. Das dient weder dem Staat Israel noch den Juden. Bei „Facebook“ ist jeder für seine Äußerungen selbst verantwortlich, nur selten muss ich mal einen Beitrag blockieren. Wenn jemand bei mir die Hisbollah hochleben lassen will, unterbinde ich das. Frage: Dennoch wird bei Ihnen debattiert, ob Israel Ähnlichkeiten zum Apartheidsregime in Südafrika hat.

Ruprecht Polenz: Ich halte den Begriff Apartheid in Bezug auf Israel für falsch und verwende ihn nicht. Dennoch wird der Vorwurf auch in der innerisraelischen Debatte erhoben und ist damit in der Welt. Als Beispiel ­werden etwa die Siedlerstraßen in der Westbank angeführt, die von Arabern nicht benutzt werden dürfen. Auch ich kritisiere die anhaltende Siedlungspolitik Israels.

Frage: Halten sie Kritik an Israel für ein Tabu, wie es auf ihrer Pinnwand behauptet wird?

Ruprecht Polenz: Nein, es gibt so ein Tabu nicht. man kann in Deutschland Israel kritisieren und auch den Islam kritisieren. Diejenigen, die von vermeintlichen Denkverboten sprechen, wollen meist nur selbst als vermeintliche Tabubrecher dastehen. Es geht immer nur um das plausible Argument, die faire Debatte.

Frage: Sie gelten wiederum bei Ihren Kritikern als ein allzu wohlmeinender Islamversteher, der womöglich die Gefahren des politischen Islam verkennt?

Ruprecht Polenz: Seit dem 11. September hat sich in Deutschland das Bild vom Islam massiv verschlechtert. Seitdem gilt vielen Al-Qaida als der Vertreter des eigentlichen Islam. Das ist natürlich falsch. Eine Gefahr geht von einem politischen Islam aus. Aber es gibt natürlich auch andere Beispiele. Die beiden größten islamischen Länder der Welt etwa, Türkei und Indonesien, sind weitgehend demokratisch organisiert. Und in der sich verändernden arabischen Welt ist noch lange nicht ausgemacht, in welcher unterschiedlichen Weise die Länder sich aufstellen werden. Im Übrigen hat das Christentum einen langen Weg hinter sich, bis es sich von politischen Ambitionen getrennt hat.