Deutungshoheit über islamische Begriffe behaupten

Foto: Pressebild Ralf Jäger

Düsseldorf (KNA/IZ/DITIB). Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat laut einem Bericht der „Rheinischen Post“ (Montag) die Kooperation mit der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) beendet. Die Organisation war Träger des Kölner Standortes von Jägers Präventionsprogramm „Wegweiser“, mit dem Jugendliche vor dem Abdriften in den gewaltbereiten Salafismus geschützt werden sollen.
Wie Jäger jetzt in der noch unveröffentlichten Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Peter Biesenbach erklärt, „wurde die Auflösung des Vertrages von beiden Vertragsparteien einvernehmlich vereinbart“.
Wie aus Meldungen hervorgeht, soll Auslöser für die Trennung ein Comic sein der türkischen Religionsbehörde Diyanet sein. In diesem wurde der Begriff des „Schahid (‘Märtyrer’)“ erklärt. Die NRW-Behörden sehen darin eine „Verherrlichung“ des sogennanten Märtyrertods. Jägers Behörde monierte das Fehlen einer „ausreichenden Distanz davon“ in einer Stellungnahme des NRW-Landesvorstands der DITIB.
In seiner Stellungnahme vom Montag, den 5. September, nahm der DITIB-Landesvorstand Nordrhein-Westfalen den Vorgang mit „großem Bedauern“ und „großer Verwunderung“ auf. Allein ein „Comic“ aus der Türkei sei Vorwand genug, die Zusammenarbeit mit der Organisation einzustellen. Kolportierte Erklärungen Jägers seien dazu geeignet, falsche Schlussfolgerungen nahezulegen.
Der Landesverband habe darauf hingewiesen, dass es die Aufgabe einer Religionsgemeinschaft in der Präventionsarbeit sein müsse, islamische Begrifflichkeiten nicht aufzugeben oder zu negieren, „sondern ihre Deutungshoheit nicht Extremisten zu überlassen“. Nicht der Begriff des „Şehit“ sei problematisch, sondern sein Missbrauch durch Extremisten. Als Religionsgemeinschaft müssen wir uns gerade dafür einsetzen, die Deutungshoheit über islamische Begriffe so zu nutzen, dass ihr Missbrauch für den Extremismus unmöglich wird.
Als Landesverband, dessen Gemeinden, seit mehr als drei Jahrzehnten wertvolle Arbeit auf kommunaler Ebene leiste, „empfinden wir diese Entwicklung und die neuerliche missverständliche und verzerrende Darstellung des Sachverhalts in den ministeriellen Verlautbarungen als einen gravierenden Vertrauensbruch“. Dieser hinterlasse immensen Schaden zu Lasten der Präventionsarbeit. Der DITIB-Landesverband wolle sie nun ausschließlich mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln ohne das Innenministerium fortsetzen.
Bisher hatte die Entscheidung des Düsseldorfer Innenministeriums noch keine Auswirkungen für die Zusammenarbeit auf anderen Gebieten. Dazu zähle der Islamische Religionsunterricht (IRU), an dem die DITIB mit drei weiteren muslimischen Dachverbänden arbeite. Allerdings gibt es Forderungen von oppositioneller Seite, auch hier die Kooperation einzustellen.

3 Kommentare zu “Deutungshoheit über islamische Begriffe behaupten

  1. Es wird immer so getan, als sei die DITIB unabhängig. Tatsächlich ist sie aber ein Ableger der Diyanet, also der türkischen Religionsbehörde. Und diese wiederum untersteht der türkischen Regierung, also der AKP. Und die AKP ist eine Partei, die den Islam für ihre politischen Interessen instrumentalisiert, also eine islamistische Partei. Entsprechend wundert es auch nicht, dass von dort ein Comic kommt, der den Märtyrertod verherrlicht. Allerdings disqualifiziert ein solcher Comic, mit dem letztlich Selbstmordattentate und islamischer Terrorismus verherrlicht werden, eine Organisation als Ansprechpartner in einem demokratischen Land. Dass Muslime der DITIB zur Seite springen und sie verteidigen zeigt zudem, wo die Muslime in Deutschland stehen. Fern von unseren Werten!

    1. Sie haben 6-mal um die “rechte” Ecke gedacht. Demnach denken sie 1-mal zurück.
      Mal im Ernst, es gibt ein paar Dinge an ihrem “Kommentar”, die ich nicht verstehen kann..
      1. Wie instrumentalisiert die AKP mit ihren 317 von 550 Sitzen im Parlament den Islam für ihre politsichen Interessen?
      2. Haben sie den Comic gesehen? Ich konnte darin keine Verherrlichung für Selbstmordattentate sehen.
      3. Waren sie schon einmal in einer Moschee die vom DiTiB organisiert wird? Ich meine, hatten sie jemals einen wirklichen Ansprechpartner über den Islam (fernab des Internets)?
      4. Sie formulieren so, als wäre die Türkei kein demokratisches Land. Wieso? Und warum hat das Volk den Putschversuch dann abgewehrt?
      5. Der türk. Regierungschef Erdogan findet mehr Zuspruch für seine aktuelle Politik als Angela Merkel. Ist demnach Merkel “diktatorischer” als Erdogan?
      6. Sehen sie irgendwelche Parallelen zwischen den Muslimen 2016 und den Juden 1933 in Europa?
      Ich bin Muslim und nicht vorbestraft. Bin ich näher an ihren Werten als ein ausländerfeindlicher Schläger? (Das ist eine rhetorische Frage. Ich kann mir die Antwort denken)
      Lassen sie meinen Kommentar nicht für umsonst sein, sondern überdenken ob ihre Ideologien stichfest sind.

  2. Unglaublich, so ein schöner Bericht und trotzdem missverstanden vom Moritz. Was soll man den dazu noch sagen..

Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.