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Die Bundesrepublik und der Staatsstreich

Foto: Maksim, via Wikimedia Commons | Lizenz: gemeinfrei

Suhartos Militärputsch 1965 ist ein dunkles Kapitel in Indonesiens Geschichte. Nach neuen Erkenntnissen soll Deutschland die Machtergreifung, mit der ein Massaker einherging, finanziell und politisch unterstützt haben.

Jakarta (KNA). Für Bedjo Untung ist die mutmaßliche Unterstützung des Putsches von General Suharto durch Deutschland keine Neuigkeit. „Ich wusste davon seit der Veröffentlichung der CIA-Akten“, sagt er im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der 72-jährige Gründer der Opferorganisation Yayasan Penelitian Korban Pembunuhan 1965 (YPKP65) verbrachte wegen Mitgliedschaft in einer nicht kommunistischen Studentenvereinigung zehn Jahre in indonesischen Gefängnissen und Arbeitslagern.

In der Nacht des 30. September 1965 wurden in der Hauptstadt Jakarta sechs Generäle ermordet. General Suharto schob der Indonesischen Kommunistischen Partei (PKI) die Schuld in die Schuhe, stürzte Präsident Sukarno und setzte ein Massaker in Gang. Bis zu einer Million Menschen wurden schätzungsweise in den folgenden fünf Monaten von Militär oder weltlichen und islamischen Volksmilizen umgebracht. Opfer waren angebliche Mitglieder der PKI und ihre Angehörigen, aber auch Christen, Muslime, Gewerkschafter, Studenten, Frauenaktivistinnen und Intellektuelle.

Nun wurde auf der Plattform t-online.de ein Artikel veröffentlicht, der eine Beteiligung Deutschlands an dem blutigen Umsturz suggeriert. Demnach finanzierte die Bundesregierung die Propaganda der Putschisten mit rund 1,2 Millionen D-Mark. Ein Dokument lege nahe, dass der damalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt und spätere Bundespräsident Karl Carstens (CDU) die Gelder freigegeben habe.

Eine Schlüsselrolle in den deutsch-indonesischen Beziehungen spielte den Akten nach der indonesische Brigadegeneral und Geheimdienstler Achmed Sukendro. Der deutsche Botschafter in Jakarta habe ihn als „einen der fähigsten und energischsten Antikommunisten“ eingeschätzt, heißt es unter Berufung auf die vom Historiker Till Florian Tömmel ausgewerteten Akten.

Sukendro, einer der Organisatoren der Massaker, sei bei seinen vielen Deutschland-Besuchen unter anderem vom damaligen CDU-Außenminister Gerhard Schröder empfangen worden. Auch General Suharto pflegte lange gute Beziehungen zur Bundesrepublik, wie die vier Indonesien-Besuche des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl belegen.

Die deutsche Rolle bei den Ereignissen von 1965/66 und der Unterstützung des indonesischen Militärs auch nach dem Putsch spielte beim Haager Internationalen Volkstribunal (IPT) gegen Indonesien 2015 zum 50. Jahrestag der Massaker aber keine Rolle. „Wir wollten uns auf die Rolle der drei großen Staaten – USA, Großbritannien und Australien – konzentrieren“, erklärt die ehemalige Koordinatorin des IPT, Nursyahbani Katjasungkana (65), im KNA-Gespräch. Katjasungkana, deren Onkel und Tante einst Opfer der Massaker waren, wünsche sich aber eine offizielle Entschuldigung Deutschlands für seine Komplizenschaft mit den Putschisten.