Die Jacobs University Bremen beschäftigt sich mit Radikalisierungsgründen

Ausgabe 247

(JUB/sw). Kaum eine Frage hat das sozialwissenschaftliche Segment der Islamdebatte in der letzten Zeit so beschäftigt wie jene, welche die entscheidenden Faktoren für die Radikalisierung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind. Welche Faktoren führen dazu, dass Menschen zu Terroristen werden? Eine Befragungsstudie unter Beteiligung der Jacobs University Bremen hat psychologische Prozesse untersucht, die einer Radikalisierung vorausgehen.

Einer der Schlüsselfaktoren für das Abgleiten der Betroffenen in die Radikalität sei die Frage der kulturellen Zugehörigkeit, so die Autoren der Studie, die das Ergebnis eines Gemeinschaftsprojekts der University of Maryland (USA) und der Jacobs University unter Federführung von Prof. Dr. Michele Gelfand (University of Maryland) und Prof. Dr. Klaus Boehnke (Jacobs University) war.

Besonders gefährdet seien diejenigen, die kulturell heimatlos seien, heißt es in einer Pressemitteilung der Jacobs University Bremen, die sich weder mit der vorherrschenden Kultur ihrer Herkunftsländer, noch mit der ihrer Ankunftsländer identifizieren. Dieser Prozess der Marginalisierung verschärfe sich, je mehr diese Personen ausgegrenzt werden, sich diskriminiert fühlen und den Verlust von persönlicher Bedeutung erfahren. Radikale Gruppen seien für diesen Personenkreis attraktiv, weil sie nach dem Freund-Feind-Schema ein klares Zugehörigkeitsgefühl vermitteln.

Die Studie mit dem Titel „Der Kampf um Zugehörigkeit: Die Marginalisierung von Immigranten und das Risiko einer hausgemachten Radikalisierung“ basiert auf der Befragung von 464 Muslimen, davon 204 in Deutschland, die zwischen Dezember 2013 und Juni 2014 durchgeführt wurde. Die Befragung wandte sich gezielt an junge, gut gebildete Muslime. Etwa die Hälfte der Befragten waren Studierende.

89 Prozent der Befragten gaben an, sie fühlten sich als Teil von Deutschland. Gleichzeitig herrschte der Eindruck vor, die Deutschen würden von ihnen eine Assimilierung erwarten, die die Immigranten aber mehrheitlich ablehnten. 77 Prozent stimmten der Aussage zu, in Deutschland gebe es ein nicht unerhebliches Ausmaß an Islamophobie. Wobei weniger als zehn Prozent selbst Opfer von Diskriminierung aufgrund ihrer Religion oder Kultur geworden sind. Auffällig ist: Je stärker die Teilnehmer sich diskriminiert fühlten, desto weniger waren sie bereit, die Werte ihrer Herkunftsländer zugunsten der in der neuen Heimat vorherrschenden zurückzustellen.

„Unsere Studie belegt: Je mehr die Immigranten sich respektiert fühlen, desto weniger anfällig sind sie für eine Radikalisierung“, sagt Dr. Marieke van Egmond, Co-Autorin der Studie und Psychologin. Professor Klaus Boehnke ergänzt: „Wir sollten uns in Deutschland darauf konzentrieren, Integration nicht nur in einem formalen Sinne zu verbessern, also etwa den Sprachunterricht oder die kulturelle Bildung, sondern wir sollten Respekt für andere Lebensweisen zum Ausdruck zu bringen. Insbesondere mangelnde Anerkennung für die Lebensleistung von jungen Immigranten ist kontraproduktiv. Es wurden ganz überwiegend Muslime mit einem erfolgreichen Bildungswerdegang befragt. Denen mangelt es nicht an formaler Integration, sondern an Anerkennung. Dies wirft sie zurück auf Lebenssichten, die in der Herkunftskultur ihrer Eltern eigentlich gar nicht mehr favorisiert werden, etwa der Überzeugung, man müsse sich am Dschihad beteiligen.“

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