Desinformation und Objektivität

Ausgabe 228

(Sabah.de). Die deutschen Medien haben ausführlich mit viel Anteilnahme über die Soma-Katastrophe in der Türkei berichtet. Die einen objektiv, die anderen weit davon entfernt. Hier einige Nachrichten und ihr Wahrheitsgehalt: Vier Tage nach dem Grubenunglück hat die türkische Regierung am folgenden Samstag die Rettungsarbeiten für beendet erklärt. Energieminister Taner Yildiz sagte, das keine Bergleute mehr vermisst würden. Im Zusammenhang mit dieser Minister-Konferenz kommt zum Beispiel in einem Artikel der meinungsbildenden Online-Ausgabe eines wohl bekannten Nachrichtenmagazins am Samstagabend folgender Satz: „Auf die Fragen, was die Ursache der Katastrophe war, ob und gegen wen es Ermittlungen gäbe und wer die Verantwortung trage, erhielten die Angehörigen der Opfer keine Antwort”.
Diese Aussage ist eine glatte Lüge. Energieminister Taner Yildiz hat eine ausführliche Erklärung zu genau diesen Themen am Samstagmittag abgegeben. Wörtlich sagte der Minister unter anderem: „Nach der Bergung des letzten gesuchten Bergarbeiters wird nun der gesamte Vorfall allumfassend genauestens von Experten untersucht. 28 Staatsanwälte werden diese Untersuchungen leiten, erste Inspektionen sind bereits erfolgt. Egal, welche Personen und Unternehmen dafür verantwortlich sind, sie werden zur Rechenschaft gezogen! Alle Ergebnisse der Untersuchungen werden veröffentlicht. Eine parlamentarische Untersuchungskommission wird ebenfalls eingerichtet, wir als AK-Partei unterstützen diese nachdrücklich!”
Ist das erhellend genug? Natürlich kann der Minister keine Angaben zu der Ursache und der Verantwortlichkeit des Unglücks machen, weil diese ja noch gar nicht untersucht worden sind. Verantwortlich für die Untersuchungen zu sein heißt nicht, schuldig zu sein, so sehr sich das einige Journalisten herbeisehnen mögen. Es gibt deswegen auch keine „Zurückweisung der Forderung, Zwischenfälle in der Mine von Soma untersuchen zu lassen”. Ganz im Gegenteil: Dutzende Experten unter der Aufsicht von Dutzenden Staatsanwälten plus eine parlamentarische Untersuchungskommission sollten eigentlich keinen Zweifel daran lassen, das hier niemand aus der Regierung irgendetwas unter den Teppich zu kehren versucht. Aber vielleicht lieferten den zahlreichen Reportern auf der Konferenz ihre ebenso zahlreichen Dolmetscher falsche Übersetzungen des Ministers, das kann ja sein.
Weiter geht es mit: „Stattdessen wurden am Samstag 15 Anwälte, die den Familien helfen wollten, von der Polizei ohne Angabe von Gründen festgenommen und in eine Sporthalle gesperrt“. Zunächst einmal wurden nicht 15 sondern 8 Anwälte, kurzfristig, festgenommen. Diese Rechtsberater des allseits einschlägig bekannten links-kemalistischen Anwalt-Vereins hatten in Soma keine Mandanten, wollten dort auch den Menschen nicht helfen und sind bei der lokalen Bevölkerung auch alles andere als willkommen. Diese kemalistischen Steinzeitideologen reisten gezielt an, um Unfrieden in der Bevölkerung zu stiften, das ist alles.
Tagelang wurde die trauernde Stadt Soma von bekannten Provokateuren aus der ganzen Türkei geradezu heimgesucht. Diese Ortsfremden versuchten vergeblich, die Stadtbewohner zu Straßenprotesten aufzuwiegeln, um damit eventuell der Regierung zu schaden. Gegen für diese Art von Besucher haben die Einwohner von Soma ein riesiges Plakat an ihrem zentralen Wasserturm in der Stadtmitte aufgehängt: Darauf steht in aller Deutlichkeit: „Provokateure, bleibt uns fern!”.
Um die öffentliche Ruhe und Ordnung zu gewährleisten, wurden unter anderem Ausweiskontrollen durchgeführt und, wenn nötig, Platzverbote erteilt, damit Berufsprovokateuren der Zugang zur trauernden Stadt Soma erschwert wurde. Polizeilich bekannte und notorisch militante Pseudodemonstranten können gesetzlich legitim für kurze Zeit festgesetzt werden. Solche Präventivmaßnahmen werden überall auf der Welt durchgeführt, auch in Deutschland. Was genau an diesen Maßnahmen ist so verdammenswert oder nicht rechtsstaatlich? Die unerfahrenen Polizisten von Soma wären den, meistens aus Istanbul anreisenden, in militantem Häuserkampf und Straßenschlachten geübten Profis hoffnungslos unterlegen. Weitere Tote, diesmal durch Straßenkämpfe, wären zu befürchten gewesen. Aber genau diese neuen Toten wurden von den radikalen Hetzern in der Türkei benötigt, damit zum 1. Jahrestag der Ausschreitungen um den Gezi-Park wieder landesweite Proteste aufflackern können. Die Denke dieser Militanten Chaoten basiert auf: „Ohne Tote, tote Hose!”. Deswegen wurden sogar inzwischen 13-jährige auf brennende Straßenbarrikaden gestellt, wie in Izmir geschehen…..
Zig Busse mit Berufsdemonstranten kamen wohlorganisiert aus der ganzen Türkei nach Soma und wurden, wider besseren Wissens, als „aufgebrachte lokale Bürger” der Weltöffentlichkeit präsentiert. Diese heran-gekarrten militanten Hundertschaften versuchten, die Bevölkerung aufzuwiegeln, führen unangemeldete Demonstrationen und Aufmärsche durch und lieferten sich Kämpfe mit der Polizei, die dann der Welt als „Aufstand der Einheimischen gegen das Erdogan-Regime” verkauft wurden. Die Realität hingegen sah anders aus: Die einheimische Bevölkerung in Soma war nicht nennenswert auf die Straße gegangen und hatte auch nicht, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, gegen die Regierung protestiert. Die leidende Bevölkerung dieser schwer getroffenen Stadt war primär mit Rettungsarbeiten und der Verarbeitung der Katastrophe beschäftigt.
Offensichtlich kümmerte diese Realität viele vorurteilsbehaftete Journalisten nicht. Dazu passt auch, dass praktisch niemand von den Aussagen des Soma-Lokalreporters Hüsamettin Edebali berichtete: „Die ausländischen Journalisten haben selbst uns Lokalreportern Geld dafür angeboten, wenn wir gegen die Regierung hetzen!“.
Da verkleideten sich zwei, inzwischen enttarnte, CHP Aktivistinnen aus Istanbul mit bäurischer Kleidung samt Kopftuch und erzählten in jede Kamera, das ihre Familien von der AK-Partei erpresst wurde und sie gezwungen worden seien, Erdogan zu wählen! Dann ergingen sie sich in Hasstiraden minutenlang gegen die Regierung und ihre Wähler. Diese Bilder gingen dank BBC um die Welt. Als der Schwindel aufflog, kam nicht etwa eine Richtigstellung oder gar eine Entschuldigung seitens der Medien, die diese Lüge wohlwollend in die Welt posaunten, sondern sie schwiegen und schweigen sich weiterhin aus. Nichts Neues im Westen also.
Die 70 Prozent der türkischen Medien beherrschenden Dogan und Gülen Gazetten, die täglich die Regierung mit jedem Mittel diffamieren, versuchten seit dem ersten Tag der Katastrophe, die alleinige Schuld an dem Grubenunglück Premierminister Erdogan aufzubürden. Vermutlich möchten die Gülen-Medien nur von dem Fluch ihres sakrosankten Predigers ablenken, der noch vor einigen Wochen in die Welt „Allah ocaklarina atesler salsin!“ („Möge Gott Feuer in ihre Heime schicken!”) hinausrief.
Internationale Medien, die keinen Hehl aus ihrer persönlichen Ablehnung gegen Erdogan machen und die Verfolgung bestimmter politischer Ziele jegliche journalistische Objektivität vergessen lässt, unterscheiden sich somit nicht wesentlich von der türkischen Medienlandschaft. So lassen die deutschen Medien keine Negativmeldung, sei sie bestätigt oder auch nicht, aus, um mit aller Vehemenz ein breitgefächertes Erdogan- Bashing zu betreiben.
So wird ein Handgemenge in einem Supermarkt, von der nur verwackelte Bilder von Mobiltelefonen und miserable Aufnahmen vom Geschrei Dutzender Personen existieren, zunächst als Zusammenschlagen (!) eines friedlichen Passanten durch den Premierminister höchstpersönlich deklariert. Das Zusammenschlagen wird später zum Erdogan-Faustschlag, aus diesem wiederum eine Ohrfeige und dann, als auch diese Lüge nicht beweisfähig ist, heißt es jetzt, Erdogan habe „jemanden an der Schulter gepackt”. Stimmen aus dem Geschrei-Tohuwabohu werden ebenfalls ungeniert Erdogan in den Mund gelegt. Das schimpft sich dann „seriöser Journalismus“, der auf der Welt unreflektiert aufgegriffen und konsumiert wird. Kein Wunder, dass viele Menschen auf der Welt die Türkei für eine Diktatur à la Nordkorea halten, was sicher auch ein Ziel dieser kaum verhüllten journalistischen Demagogie ist.
Zudem irritiert, dass der Bergwerksbetreiber Alp Gürkan partout in die Nähe der AK-Partei gerückt wird, mit Sätzen wie „Ein Sprecher der Regierungspartei AK sprang ihm zur Seite”. Nichts könnte unwahrer sein. Der millionenschwere Geschäftsmann Alp Gürkan ist meilenweit von der AK-Partei entfernt. Nach dem Unglück ist der Unternehmer zunächst einmal 3 Tage untergetaucht und hat nur über die „objektive” Aydin ­Dogan Mediagroup (Hürriyet/Radikal) den Kontakt zur Öffentlichkeit gehalten, die ihn auch jetzt gemeinsam mit der mächtigen Gülen-Media journalistisch beschützt. Aber das Beschützen fällt schwer, weil einige Fakten einfach nicht auf lange Sicht verheimlicht werden können: Alp Gürkan ist Teil der alten kemalistischen Istanbuler Unternehmens-Oligarchie und darin bestens mitsamt seinen Brüdern wie Aydin Dogan vernetzt. Er steht der mächtigen Koc-Gruppe und der oppositionellen CHP nahe, was sicherlich auch der Grund ist, warum der Oppositionsführer Kilicdaroglu seit Tagen ebenfalls untergetaucht ist.
Die eingeleiteten Untersuchungen werden zeigen, was genau in der Mine passiert ist und wer Verantwortung trägt. Hierzu noch einmal Minister Yildiz: „Egal, wer dafür die Verantwortung trägt. Er wird zur Rechenschaft gezogen!”. Deutlicher geht’s nimmer, so sehr auch krampfhaft versucht wird, die Klarheit dieser Aussage zu trüben.
Der Artikel erschien zuvor auf der Webseite Sabah.de. Abdruck geschieht mit Erlaubnis der Redaktion.