Ein neuer Brandherd?

Ausgabe 284

Foto: Helge Fahrnberger, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 3.0

In Burkina Faso sorgen immer mehr Terroranschläge auf Sicherheitskräfte für Angst und Schrecken. Das führt auch in den Nachbarländern zu Problemen.
(KNA). Für den Sahel-Staat Burkina Faso, in dem knapp 20 Millionen Menschen leben, hat das neue Jahr schlecht begonnen. Schon am 2. Januar musste die Regierung den Tod von 13 Zivilisten bestätigen. Lokalen Medi­enberichten zufolge waren im Zentrum des Landes Konflikte zwischen Fulani-Viehhirten und Angehörigen der Mossi-Ethnie eskaliert.
Gewalt, Anschläge und Morde gibt es im Land der „aufrechten Menschen“, wie Burkina Faso gerne genannt wird, immer häufiger. Deshalb ließ Präsident Roch Marc Christian Kabore kürzlich in sechs der insgesamt 13 Regionen den Notstand ausrufen. Mittlerweile kommt es längst nicht mehr nur im Norden zu Zwischenfällen, wo bereits seit drei Jahren regelmäßig Polizisten und Soldaten ange­griffen werden. Betroffen sind nun auch jene Gegenden, die an die Nachbarländer Niger, Benin und Togo grenzen.
Auslöser für die Entscheidung des Präsidenten dürfte der Tod von zehn Solda­ten am 27. Dezember gewesen sein, die bei Toeni an der Grenze zu Mali in einen Hinterhalt gerieten. In den Monaten ­zuvor hatte es mitunter mehrmals pro Woche ähnliche Attacken gegeben.
Dabei galt Burkina Faso noch bis vor gut vier Jahren als stabiles und sicheres Land. Seit 1969 findet dort alle zwei ­Jahre Afrikas größtes Filmfestival, das FESPACO, statt. Nächster Termin ist die letzte Februar-Woche. Allerdings war Burkina Faso laut Beobachtern schon während der Regierungszeit von Blaise Compaore ein Rückzugsort für Terroristen. Seit dessen Sturz nach 27 Jahren an der Macht im Oktober 2014 hat sich die Sicherheitslage enorm verschlechtert.
Auf internationaler Ebene wurde das erstmals nach den Anschlägen auf das Splendid Hotel und das Cafe Cappuc­cino im Zentrum der Hauptstadt Ouagadougou im Januar 2016 wahrgenommen. Die Verantwortung dafür übernahm eine Terrororganisation. Sie ist mittlerweile gemeinsam mit Ansar Dine und der Befreiungsfront Macina Teil ­eines größeren Terror-Netzwerks, der 2017 gegründeten Jama’at Nasr al-Islam wal Muslimin (JNIM).
Anführer ist Iyad Ag Ghaly, der zuvor Ansar Dine kontrollierte. Die Gruppe hatte 2012 die malische Stadt Timbuktu besetzt und zerstörte Mausoleen des Unesco-Weltkulturerbes. Ag Ghaly gilt als meistgesuchte Person der Sahelzone. Nach Einschätzung des Magazins „Jeune Afrique“ gehört er außerdem zu den 50 einflussreichsten Personen in Afrika. Ohne ihn, so das Fazit des Blattes, sei kein Frieden in der Sahelzone möglich. Laut einer Analyse der US-amerikanischen Denkfabrik Center for Strategic and International Studies verfügt JNIM über 1.000 bis 2.000 Kämpfer und ist für die meisten Anschläge in Mali veran­twortlich. Ob die Organisation sich künftig weiter in Richtung Süden ausbreitet, ist schwierig einzuschätzen.
„Bisher scheint es so, als ob sie im Sahel bleiben“, sagt Mathias Hounkpe, der im Senegal für die Open-Society-Initiative des amerikanischen Milliardärs George Soros tätig ist. Dennoch sei die Entwicklung für die gesamte Region gefährlich. „Terroristen können Länder wie Togo und Benin als Stützpunkte nutzen und Zuflucht finden, da die Grenzen nicht wirklich gut überwacht sind.“ Auch spektakuläre Anschläge wie im März 2016 in der Elfenbeinküste seien jederzeit möglich.
Im Niger sind die Auswirkungen schon zu sehen, wo in zwei Grenzregionen seit Anfang Dezember der Ausnahmezustand gilt. Das Flüchtlingshilfswerk der Verein­ten Nationen (UNHCR) gab bekannt, dass aufgrund anhaltender Gewalt mehr als 52.000 Menschen innerhalb eines Jahres geflüchtet seien. In Benin und Togo wird bisher nur selten darüber gesprochen. „Diese beiden Länder scheinen sich der Gefahr durch den Terrorismus nicht bewusst zu sein“, so Hounkpe. In Togo, wo zahlreich Oppositionsparteien vor gut zwei Wochen die Parlamentswahl boykottierten, werde die Entwicklung gar von Regierungsseite instrumentalisiert. „Damit sollen muslimische Oppositionspolitiker unglaubwürdig gemacht werden“, sagt der Experte.