Eine Niederlage für den Hass

Ausgabe 283

Foto: BlakeShramster, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 4.0

(AJE). Am 11. Dezember musste die regierende hindunationalistische BJP in drei Schlüsselstaaten des indischen Nordens eine Niederlage einstecken. Das ist die größte Schlappe für Premierminister Narendra Modi, der in Indien seit 2014 regiert. Das verleiht der Opposition weiteren Auftrieb vor den 2019 anstehenden landesweiten Wahlen. Die Ergebnisse in den Staaten Rajasthan, Chhattisgarh und Madhya Pradesh unterstreichen nach Ansicht von Beobachtern die Unzufriedenheit mit der Regierung in ländlichen Gebieten. Außerdem könnten sie der Opposition helfen, sie unter Führung der Kongresspartei zu vereinen. Modis Image wurde geschwächt.
Ein Sprecher der Kongresspartei sagte gegenüber Al Jazeera International, dass die schlechte Lage der Bauern, Jugendarbeitslosigkeit und steigende Ungleichheit in der Gesellschaft die Hauptthemen bei den Wahlen waren. Außerdem hätten Angriffe auf die Kastenlosen und die Minderheiten Indiens unter den BJP-Regierungen die Wähler von der rechtsgerichteten Partei abgewandt.
Aktivisten und die Opposition werfen der BJP vor, eine Spaltungskampagne zu betreiben und den rechtsextremen hinduistischen Gruppen Amokläufe zu erlauben. Ein Beispiel dafür ist das Thema Kuhschlachtung, die in den meisten indischen Staaten als Verbrechen gilt. In den letzten vier Jahren nach Modis Machtübernahme wurden dutzende Menschen ermordet, die Mehrheit Muslime. Die Täter waren sogenannte Kuhrächer.
Die hindunationalistische Partei setzt Yogi Adityanath, der für seine hasserfüllte, antimuslimische Rhetorik bekannt ist, als Hauptwahlkämpfer bei den jüngsten Wahlen ein. Adityanath, ehemaliger Mönch und jetzt Politiker, wurde 2017 zum Chefminister des bevölkerungsreichsten und politisch bedeutendsten Staates Uttar Pradesh ernannt.
Ein BJP-Abgeordneter sagte, seine Partei habe einen Fehler gemacht. Anstatt über neue Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum zu setzen, habe man auf spalterische Themen wie dem Bau eines Hindutempels in Ayodhya gesetzt, wo bis 1992 eine vom Mob zerstörte Moschee stand. Der Sprecher der Kongresspartei sagte: „Die BJP hat bei der Regierung versagt (…) und versucht nur, die Wahlen zu polarisieren, indem sie die Karte der Gemeinschaftspolitik spielt.“
Die Ergebnisse gelten als eine Stärkung für Rahul Ghandi, den Vorsitzenden der Kongresspartei. Er arbeitet an der Gestaltung einer breiten Koalition mit regionalen Gruppen und stellt für die BJP unter Narendra Modi die größte Herausforderung dar. Ghandi ist Nachkomme in der vierten Generation der Nehru-Ghandi-Dynastie. „Wir werden den Staaten eine Vision und eine Regierung geben, auf die sie stolz sein können“, sagte Ghandi auf einer Pressekonferenz in Neu Delhi.
Wahlbeobachter glauben, dass die Entscheidung ein Hinweis darauf ist, dass die ­Menschen die Hindutva-Ideologie, den Hindunationalismus, nicht mehr wollen. „In den letzten fünf Jahren erkannte eine große Sektion von Menschen in Indien jenseits von Kaste, Region und Religion, dass sie nichts erhalten haben. Es gibt keine Jobs und keine Entwicklung“, sagte der Politikexperte Sajjan Singh.
Die Entscheidung der Modi-Regierung vom vergangenen Jahr zum Verbot hochrangiger Banknoten sowie eine verpatzte Einführung der Bundessteuer für Waren und Dienstleistungen sei „eine selbstmörderische Entscheidung“ gewesen, die „ungeahnte Schwierigkeiten für ländliche und schwächere Teile“ brachte. „Die bargeldbasierte Wirtschaft im ländlichen und informellen Sektor, die einen großen Teil der indischen Gesellschaft aufrechterhält, ist zerstört worden“, sagte er Al Jazeera.
Apoorvanand, ein Aktivist, der über Menschenrechte und Politik schreibt, sieht in den Wahlergebnissen eine „psychologische Wirkung auf die Wähler“ in der anstehenden Entscheidung. „Sie sind ein Signal an viele, die meinen, dass BJP nicht besiegt werden könnte.“ Modis Image sei geschwächt worden. Er sehe niedergeschlagen und frustriert aus. „Die Botschaft dieser Wahlergebnisse ist, dass er nicht unfehlbar ist.“