Einführung eines muslimischen Arztes in die phänomenologische Wissenschaft der Therapie. Von Dr. J. Dalmau i Carre

Ausgabe 208

(iz). Erleben wir das homöopathische Phänomen in Aktion, dann müssen wir ein­räumen, dass es eine wissenschaftliche Herausforderung darstellt. Sie stellt in sich die Manifestation einer anderen Art von Physik dar.

Mehr als dreißig Jahre beruflicher Praxis haben mir die unnachgiebige Fähigkeit der homöopathischen Behandlung vor Au­gen geführt, eine korrigierende, selbststa­bilisierende Antwort – auf Seiten des Organismus – einzuleiten. Dies tritt dann ein, solange das Muster der verschriebenen Heilmethode möglichst eng mit dem Muster der individuellen, an den Tag gelegten Krankheit übereinstimmt – durch semiologische Gleichartigkeit. Mir geht es nicht um eine Darlegung der homöopathischen Methode, sondern vielmehr um die wichtigsten Mechanismen ihrer Funktionsweise. Die Homöopathie benötigt die Zusammenarbeit der homöostatischen Reaktion des Körpers, um ihr Ziel zu erreichen. In Wirklichkeit ist es diese selbstregulierende Reaktion, die für die Auflösung der Krankheit verantwortlich ist. Die homöopathi­sche Behandlung leitet diese Reaktion nur ein. Mit dieser Selbstregulation verfügt unser Körper über ein verfügbares Arrangement innerhalb seiner eigenen Strukturen, welche die innere Arbeitsweise des Organismus verändern kann, um das innere Milieu stabil zu halten.

Das heißt, dass jede Variation in der Umgebung des Organismus nicht zu viel Veränderung für seine interne Aktivität verursacht. Aus dem griechischen „Ho­möo“ (gleichartig) und „Stasis“ (Zustand) wurde diesem verfügbaren Arrangement jener Name gegeben. Das ist ein Verweis darauf, dass der Zweck jener koordinierten physiologischen Reaktionen die Aufrechterhaltung von Stabilität, Gleichartigkeit und Beständigkeit der inneren Zustände ist.

Homöostatis setzt Regulierung voraus und funktioniert daher durch ein kons­tantes Wissen der organischen ­Zustände in ihren kleinsten Einzelheiten. Jenes Wissen liegt in der Form einer zusammenhängenden Sammlung von ­neuralen Mustern vor. Sie bilden – von Augenblick zu Augenblick – den organischen Zustand. Dies geschieht in unserem Gehirn auf mehreren Ebenen. Die selbstregulierende Antwort hält die organische Struktur von Zellen und Geweben am Leben – und in Erweiterung auch die Organe und das körperliche System.

Dies geschieht durch die konstante Durchführung eines anabolen Aufbaus, der ein Gegengewicht für die ­abbauende katabolische Aktivität ist, die das Gleichgewicht des Stoffwechsels beinahe an den Rand des Zusammenbruchs treibt. Die Strukturen zur Aufrechterhaltung des homöostatischen Plans sind mit den neuralen und chemischen Wegen ­verbunden.

Der wichtigste Mechanismus der selbstregulierenden Kontrolle ist das vegetative Nervensystem (VNS). Automatische Aktivitäten kontrollieren die funktionale Umgebung von Zellen und Gewebe im ganzen Körper, nehmen Einstellungen entsprechen der lokalen und allgemeinen Anforderungen des Körpers vor und unterstützen sein Verhalten. Es ist dauerhaft in Betrieb. Durch die Einbindung, an der auch das emotionale Verhalten beteiligt ist, bereitet uns das VNS auf erwartete Anforderungen des Körpers und des Organismus vor. Nichtsdestotrotz ist in einem einzelligen Organismus – der weder Gehirn, noch Nervensystem hat, aber lebendig ist – Homöostasis in dessen Überlebens­willen anwesend. Jedes Mal, wenn sich das chemische Profil innerhalb der Zellwand verändert, nehmen die Zellen diese war und wissen, was sie tun müssen, um es wieder auf ein normales Niveau zu bringen. Die Zelle tut dies mit unglaublicher Fähigkeit. Es ist die Eigenschaft des Lebens, dass es weiß, wie es sich erhalten soll.

Was in einem wesentlich ­komplexeren, mehrzelligen Organismus wie dem unseren geschieht, ist im Grunde das ­Gleiche. Die Homöostasis reflektiert das selben Verlangen, am Leben zu bleiben. Was uns von anderen Lebewesen unterscheidet, ist der Grad, in dem wir „Wissen“ über diesen Drang erlangen. In ihrem Kern beinhaltet Selbstregulierung ein inne wohnendes Wissen von der Anordnung des Organismus, deren sie sich annimmt. Die homöopathische Behandlung ist eine Art verfeinerter Software – eine spezifische Information aus einer bestimmten Substanz –, die der Dynamik der Krankheit entspricht, in welcher der Körper verwickelt ist. Das Programm ersetzt durch Gleichartiggkeit zeitweise das originale Programm der Krankheit.

Das neue Programm löst eine selbstregulierende Reaktion des Körpers aus, die darauf ausgerichtet ist, sich gegen das neue, künstliche Krankheitsbild zu wenden. Die homöostatische Reaktion, die auf diese Art und Weise hervorgerufen wird, stellt die Stabilität des Körpers wieder her. Und dies führt zum Verschwin­den der Krankheit.

Der Drang zum Leben definiert die gesamte selbstregulierende Aktivität. Unter dem Einfluss einer korrekten homöopathischen Behandlung zeigt es sich selbst in der Lage, soweit es nicht mit einer unheilbaren Kondition umgehen muss, eine komplette Wiederherstellung zu erreichen. Er stellt Gesundheit in den meisten Umständen auf eine schnelle, sanfte und dauerhafte Weise wieder her.

Die Homöopathie ist im Wesentlichen eine therapeutische Behandlung, deren Anwendung einen phänomenologischen Ansatz bezüglich des pathologischen Ereignis nötig macht.