Enthauptung in Syrien – Eine Falschmeldung macht die Runde

Jerusalem (KNA). Schon seit Tagen geistert eine mit einem schaurig-anschaulichen „Beweisvideo“ versehene Schreckensnachricht durchs Internet – in zahlreichen Variationen. In Syrien seien nahe der umkämpften Stadt Homs drei Christen von fanatischen „Islamisten“ enthauptet worden. Vermeintliche Betroffene dementierten umgehend. Doch die Meldung von den getöteten Geistlichen, Ordensleuten oder Bischöfen, hält sich hartnäckig und erfasst nach und nach die großen Medien.

Erstmals aufgetaucht ist das schockierende Video Ende vergangener Woche in einem arabischsprachigen Medienportal. Von dort aus verbreitete sich die Nachricht schnell und schaffte es – gegen alle Dementis – in zahlreiche internationale Medien. Zu sehen in dem wackeligen Video, das inzwischen mehrheitlich nur noch in zensierter Form zu finden ist: Eine johlende Menge bärtiger Islamisten mit zwei Gefangenen, denen die Köpfe abgeschnitten werden.

Bei den beiden Getöteten – in anderen Versionen sind es auch drei – handelt es sich je nach Bericht wahlweise um Franziskanerpatres oder um die beiden im April entführten syrischen Bischöfe. Der Franziskanerorden wies die Darstellung am Freitag umgehend zurück; es gebe keine in Syrien getöteten Angehörige des Ordens. Ohne Erfolg: Noch am Montag berichtete der britische Sender BBC von der Enthauptung eines Franziskaners. Andere Versionen identifizierten einen der beiden beziehungsweise der drei Getöteten als Eremiten namens Francois Mourad. Dieser war jedoch nach Angaben des zuständigen Priesters bereits einige Zeit vor dem Enthauptungsdrama beerdigt worden. Mourad war Tage zuvor Opfer der Rebellen geworden, aber nicht in Homs, sondern in Idlib.

Auch diese nicht weniger dramatische Episode im blutigen Bruderkrieg Syriens hat bereits am Tag ihres Bekanntwerdens diverse mediale Traditionsstränge. Zunächst war nicht klar, ob Mourad am 23. Juni durch einen Querschläger oder gezielt getötet wurde. Allerdings bestätigten die örtlichen Franziskaner noch am selben Tag einen Angriff auf den Franziskanerkonvent in Ghassaniyeh. Dabei sei der befreundete Eremit von den Rebellen erschossen worden.

Dass es in der Stellungnahme von Franziskanerkustos Pierbattista Pizzaballa wörtlich heißt, der syrisch-katholische Geistliche sei kein Franziskaner gewesen, spielte in der medialen Rezeption eine untergeordnete Rolle. Den kaltblütigen Mord an dem „Franziskanerpater Francois Mourad“ meldeten viele, zum Teil mit Berufung einer offiziellen Bestätigung aus dem Vatikan.

Bleibt die Frage, wer ein Interesse haben könnte, die Ermordung von Christen durch Rebellen zu verbreiten. Möglicherweise sind es regierungstreue Kräfte, die der westlichen Unterstützung für die Aufständischen einen Riegel vorschieben wollen. Nicht unwahrscheinlicher ist auch die Interpretation von Fadi Hurigil. Der Vorsitzende der antiochenisch-orthodoxen Kirchenstiftung im türkischen Antiochien (Antakya) erklärte, der Zweck eines solchen Videos bestehe darin, „den Christen Schrecken einzujagen“.

Eine andere Frage müssen sich jene diversen Medien stellen lassen, die bereitwillig und offenbar ungeprüft der brutalen Falschmeldung gefolgt sind. Dies ausschließlich auf Zeitdruck und Ressourcenmangel zurückzuführen, griffe wohl zu kurz. Womöglich passt eine brutale Enthauptung wehrloser Christen gut ins Feindbild eines „fundamentalistischen Islam“. Angesichts dieser variierenden Berichte scheint es, als seien der Fantasie keine Grenzen gesetzt und als reiche der reale Horror aus Syrien zur Befriedigung der Sensation nicht mehr aus. Was ist gegen drei Enthauptete schon ein erschossener Eremit, dessen Leichnam zusammen mit drei Ordensschwestern als letzter von ehemals 5.000 Christen ein Dorf an der innersyrischen Frontlinie verlässt.