EU verurteilt militärisches Vorgehen der Türkei

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Luxemburg (dpa). Die Außenminister der EU-Staaten haben die türkische Militäroffensive in Nordsyrien scharf verurteilt, aber keine Einigung auf ein Waffenembargo oder Sanktionsdrohungen erzielt. In einer am Montag in Luxemburg verabschiedeten Erklärung wird lediglich auf die Bemühungen der Mitgliedstaaten hingewiesen, Rüstungsexporte auf nationaler Ebene einzuschränken. Von möglichen Sanktionen gegen die Türkei ist gar nicht die Rede.
Bundesaußenminister Heiko Maas zeigte sich dennoch zufrieden mit dem Ausgang des Treffens. „Die Haltung der EU ist heute sehr klar geworden. Wir wollen, dass der türkische Militäreinsatz in Nordostsyrien beendet wird – und zwar umgehend“, sagte der SPD-Politiker. Er gehe davon aus, dass nicht nur Frankreich und Deutschland, sondern auch alle anderen EU-Staaten keine Waffen mehr in die Türkei lieferten, mit denen der Krieg in Nordostsyrien geführt werden könne.
Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg sagte: „Das ist das Beste, was momentan möglich ist.“ Österreich habe sich zwar auch ein EU-Waffenembargo vorstellen können. Die gemeinsame Erklärung sei aber ein „starkes Zeichen“ an den Nato-Partner.
Ein echtes Waffenembargo hätte bedeutet, dass alle EU-Staaten alle Waffenlieferungen in die Türkei sofort hätten stoppen müssen. Dies wäre zum Beispiel auch über die derzeitige deutsche Regelung weit hinausgegangen. Sie sieht lediglich einen Genehmigungsstopp für neue Waffenlieferungen vor, die für die türkische Offensive in Nordsyrien genutzt werden können. Zudem verhindert er nicht, dass bereits genehmigte Lieferungen ausgeführt werden.
Andere Maßnahmen wie Wirtschaftssanktionen sollen nach Angaben von Maas erst konkret Thema werden, wenn diplomatische Initiativen keinen Erfolg zeigen. „Wir wollen weiterhin den Dialog mit der Türkei. Wir wollen sie dazu drängen, die Invasion in der Türkei zu beenden. Dafür ist es notwendig im Gespräch zu bleiben“, sagte er.
Auf türkische Drohungen, Flüchtlinge aus Syrien unkontrolliert in Richtung Westeuropa ziehen zu lassen, ging Maas nicht ein. Diese gelten als ein Hauptgrund dafür, dass die EU vorerst vor weitergehenden Strafmaßnahmen gegen die Türkei zurückschreckt.
Zumindest diplomatisch wurden die Mitgliedstaaten am Montag allerdings deutlich. „Die EU verurteilt das militärische Vorgehen“, heißt es in der Erklärung. Die Intervention gefährde die Stabilität und Sicherheit in der ganzen Region und führe zu einem noch größeren Leiden von Zivilisten und zu weiteren Vertreibungen.
Als eine der großen Gefahren der türkischen Militärintervention wurde bei dem EU-Treffen vor allem auch ein mögliches Wiedererstarken der Terrormiliz Islamischer Staat genannt. Am Sonntag hatten die kurdische Autonomiebehörde und die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitgeteilt, dass rund 780 Angehörige von IS-Extremisten aus einem Lager ausgebrochen seien.
Vorausgegangen war demnach ein Angriff auf Kurdenmilizen, die das Lager kontrollierten. Die Türkei sieht in diesen einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit eine Terrororganisation.
Die EU-Staaten forderten wegen der Problematik ein Ministertreffen der internationalen Koalition gegen den IS. „Es ist jetzt wichtig, dass wir zusammenkommen, um die neuen Gegebenheiten zu bewerten“, sagte der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian. Für Frankreich sei der IS der „Hauptfeind“.
In der von den USA angeführten Anti-IS-Koalition waren zuletzt mehrere Dutzend Staaten organisiert, darunter auch die Türkei. Die Möglichkeit zu einem Treffen gäbe es zum Beispiel Ende der kommenden Woche. Am 24. und 25. Oktober kommen ohnehin die Verteidigungsminister der Nato-Staaten zu einem Treffen in Brüssel zusammen. Im Anschluss an das Nato-Treffen gab es bereits häufiger Treffen der Anti-IS-Koalition.
Nach den Außenministern werden sich am Donnerstag vermutlich auch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten mit der türkischen Syrien-Offensive beschäftigen. Nach Angaben von Diplomaten könnte dann erneut über Sanktionsdrohungen debattiert werden.