Die Folgen spüren andere

Ausgabe 247

Foto: TonyTheTiger | CC BY-SA 3.0

(iz). Innerhalb der modernen Strukturen der Finanzwirtschaft werden Entscheidungen über die Höhe des Leitzinses zu Schicksalsfragen. Dabei geht es in der strukturellen Zinspolitik kaum mehr um den klassischen „Wucher“, also die Kreditvergabe mit sehr hohen Zinsen, sondern um kleinste Veränderungen des Zinssatzes. Sie aber entscheiden über Wohl und Wehe von ganzen Volkswirtschaften. Im islamischen Wirtschaftsrecht ist jedes Zinsverlangen untersagt, wobei die islamischen Vertragsformen zur Investition anregen – allerdings mit Beteiligung am wirtschaftlichen Risiko.
Unter den Bedingungen der expansiven Geldpolitik, des „billigen“ Geldes und der verschärften Schuldenkrise haben Veränderungen des Zinssatzes heute dramatische Auswirkungen. Die international vernetzte Geld- und Zinspolitik kann dabei die Souveränität von Nationen in Frage stellen. „Währungskriege“, also die Abwertung der eigenen Währung, sind die verzweifelte Reaktion der alten Nationalstaaten auf monetäre Angriffe.
Besondere Bedeutung in der Weltwirtschaft hat noch immer die amerikanische Notenbank. Im Dezember verkündete Janet Yellen nach sieben Jahren Fast-Null-Zinsen die geldpolitische Wende der amerikanischen FED in Form einer Mini-Zinserhöhung von 0,25 Prozent. Die Steigerung mag lächerlich klein klingen, sie löste aber nicht nur ökonomische, sondern auch philosophische und politische Debatten aus. Sie versucht so, ein Paradox der ökonomischen Lehre zu überwinden. Denn Marktteilnehmer agieren unter dem Gesichtspunkt, dass sie für verliehenes Geld und ihren Konsumverzicht Zinsen erlangen.
Umstritten ist, ob die amerikanische Wirtschaft, die nach Yellens Angaben wächst, für Zinserhöhungen wirklich Spielraum lässt. Der IWF-Experte Wolff kommentiert den Vorgang drastisch: „Selten ist die gesamte Welt in derart dreister Weise angelogen worden.“ Für ihn sind die Wirtschaftsdaten der USA geschönt und die kurzzeitige Erhöhung eine Farce.
Er wirft den Notenbanken vor, mit der Schaffung großer Geldmengen aus dem Nichts nur der Finanzwirtschaft, damit einer spekulativen Blasenwirtschaft, aber nicht der Realwirtschaft gedient zu haben. Notenbanken-Kritiker erwarten keine dauerhaften Zinserhöhungen, da dieser Trend letztlich zum Kollaps vieler Schuldner und damit der Finanzmärkte selbst führen würde. Die politischen Folgen der Zinserhöhung werden vor allem in den Schwellenländern, wie in der Türkei, zu spüren sein. Kapital wird nun nach Amerika fließen und von den Kapitalmärkten in Asien abgezogen.