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Hagia Sophia: Alte Moschee „gesteinigt“

Teils heftige Reaktionen zeigen, wie sehr die Umwandlung der Hagia Sophia, der einstigen Hauptkirche der Christenheit, in eine Moschee die Griechen getroffen hat. Aus Istanbul kommt eine Mahnung zu Besonnenheit. Von Heinz Gstrein

Athen/Istanbul (KNA/iz). Die Rückverwandlung des Istanbuler Hagia Sophia vom Museum zur Moschee durch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat in Griechenland teils heftige Aktionen gegen dort verbliebene islamische Heiligtümer ausgelöst. So wurden im mittelgriechischen Trikala die Überreste der dortigen „Blei-Moschee“ von einem Mob „gesteinigt“ und dabei noch weiter zerstört.

Die „Kursun Camii“ gehörte bis zur Übergabe von Thessalien an die Griechen 1882 zu den schönsten muslimischen Gotteshäusern im osmanischen Südosteuropa. Sie wurde zur Mitte des 16. Jahrhunderts vom berühmten Architekten Mimar Sinan erbaut, als eine von insgesamt 79 von ihm geschaffenen Moscheen. Sie hat im modernen Griechenland als einzige fast zur Gänze überlebt, in erster Linie dank ihrer unzerstörbaren bleiernen Kuppel.

Bauherr war Osman Schah, ein Enkel von Sultan Selim I. (1512-1520), Statthalter im osmanischen Tirhala: Nach ihm wird die bleierne Moschee auch Osman-Schah-Moschee genannt. Von ihr sind heute nur das viereckige Hauptgebäude, ein Teil des Minaretts und das Grab (Türbe) von Osman Schah erhalten; Moscheeschule, Armenhaus und Karawanserei wurden abgerissen. Am Eingang fanden kürzlich Reparaturarbeiten statt.

In größerem Umfang sollten Reparaturen auch an der ehemaligen „Moschee der Sultansmutter“ auf der seit 1912/13 griechischen Insel Lesbos in Angriff genommen werden. Nach der Wiederaufnahme des Moscheebetriebs in der Hagia Sophia von Istanbul trat nun der Regionalgouverneur der Nordägäis, Kostas Moutzouris, mit einem populistischen Vorschlag an die Öffentlichkeit.

Er verlangt, als „Gegenmaßnahme“ die Renovierung der historischen „Valide Camii“ in Mytilini, dem Hauptort von Lesbos, zu stoppen und den Geldhahn abzudrehen. Die 1615 erstmals erbaute Moschee im Viertel Epano Skala ist die älteste auf Lesbos. Seit einem Umbau 1791 trägt sie auch den Namen Neue Moschee (Yeni Camii). Sie befindet in der Mitte des ehemaligen Basars im alten türkischen Viertel nördlich des modernen Stadtzentrums. Lesbos (türkisch Midilli) war zwischen 1462 und 1912 unter osmanischer Herrschaft und hatte eine beträchtliche muslimische Bevölkerung.

Inzwischen warnt aus Istanbul die dem Ökumenischen Patriarchat nahestehende Blogsite „Phos Phanariou“ vor solchen und weiteren griechischen „Gegenmaßnahmen“ als Reaktion auf die Umwandlung der Hagia Sophia in Griechenland. Bezeichnend sei, dass die „Vergeltung“ von genau denselben extrem griechisch-nationalistischen und ultraorthodoxen Kreisen ausgingen, die auch den Ökumenismus des Patriarchen Bartholomaios I. von Istanbul bekämpften.