Heftigere Verläufe

Ausgabe 300

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Viele Angehörige von ethnischen Minderheiten erleben höhere Sterberaten durch die Covid-Pandemie. Ursachen sind auch strukturelle Unterschiede. Von Miqdad Asaria and Arzoo Ahmed

(The Muslim News). Das britische Amt für nationale Statistik (ONS) hat einen Bericht veröffentlicht, wonach Menschen aus schwarzen, pakistanischen und bangladeschischen Gemeinschaften zwischen 3,5 und 4 Mal häufiger an Covid-19 sterben als Menschen aus weißen.

Einige dieser übermäßigen Todesfälle könnten durch die Tatsache erklärt werden, dass die Betroffenen aus diesen ­Gemeinden bei Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten diskriminiert würden. Das habe dazu geführt, dass sie ein geringeres Einkommen haben und in überfüllten Wohnungen in Gebieten mit hoher Luftverschmutzung leben.

Aufgrund dieser Faktoren leiden sie unter einer schlechteren Allgemeingesundheit und einer höheren Häufigkeit chronischer Krankheiten wie Diabetes und Herzerkrankungen. Dadurch werden sie anfälliger für Covid-19. Dies seien alles schwerwiegende strukturelle Ungleichheiten, die dringend angegangen werden müssten.

Ganz empfindlich seien Gruppen wie frische Einwanderer und Flüchtlinge. Eine Hilfsarbeiterin, die mit ihnen arbeitete, hat beobachtet: „Flüchtlinge stehen vor Herausforderungen im Gesundheitswesen und durch Armut. Sie erleben Angst und Unsicherheit. Flüchtlinge seien häufig in schlechten Unterkünften innerhalb weißer Arbeitersiedlungen untergebracht. Das steigert Isolation und Einsamkeit. Männer aus schwarzen und anderen ethnischen Minderheiten haben ein höheres Risiko, an Covid-19 zu sterben. Das könnte zu vielen weiteren Todesfällen unter Flüchtlingen führen. Die lokalen Behörden müssen die Todesfälle von Flüchtlingen ermitteln und sicherstellen, dass ihre Familien unterstützt werden. Bei Männern mit höherem Risiko sind Frauen und Kinder möglicherweise stärker isoliert, was ihre bestehenden Schwachstellen verschärft.“

Es gibt mindestens drei Gründe, welche die höheren Todesraten in den betroffenen Gemeinschaften erklären helfen. Erstens kann es der Fall sein, dass sie sich das Virus mit größerer Wahrscheinlichkeit einhandeln. Zweitens, dass Krankheitsverläufe schwerer verlaufen. Und schließlich, dass sie schlechtere Behandlungen durch das Gesundheitswesen erhalten.

Die National Zakat-Foundation, die Bedürftigsten finanzielle Unterstützung bietet, erklärt die Auswirkungen der Pandemie auf verarmte Familien. Sie hebt hervor, wie fragil die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit vieler muslimischer Familien mit afrikanischem oder asiatischem Hintergrund ist. „Wir haben aus erster Hand gesehen, wie der Ausbruch des Coronavirus tausende Muslime, die zu den ärmsten Glaubensgemeinschaften in Großbritannien gehören, in Verzweiflung und Armut versetzen. In den letzten Wochen haben wir die höchste Nachfrage nach Zakat in unserer Geschichte gesehen und allein im April fast 3.000 Anträge auf Hilfe erhalten. Wir haben direkte Zuschüsse in Höhe von 370.000 Pfund bereitgestellt, um Menschen in Not zu helfen. Dies entspricht einer Steigerung von 250 Prozent gegenüber dem Vormonat.“

Menschen aus den betroffenen ethnischen Gemeinschaften können auch schwerere Fälle von Covid-19 bekommen. Es ist bekannt, dass Menschen aus BAME-Gemeinschaften unter einer hohen allostatischen Belastung leiden (beschreibt den Prozess, durch den der Körper seine Stabilität aufrechterhält). Dies wird durch wiederholten und chronischen Stress verursacht, der das Immunsystem allmählich zermürbt und nachweislich anfälliger für eine Reihe von Krankheiten macht. Es besteht der wachsende Verdacht, dass diese erhöhte allostatische Belastung der Grund dafür sein könnte, dass die Betroffenen häufiger an Covid-19 litten.

Es gibt viele Einzelberichte, die darauf hindeuten, dass die von der Regierung herausgegebenen Nachrichten zur öffentlichen Gesundheit schlecht auf die Bedürfnisse und Realitäten des Lebens von Menschen aus BAME-Gemeinschaften zugeschnitten sind. Und es gebe bei Pflege und Behandlung Hinweise auf Lücken in der kulturellen Kompetenz.