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Hohe Schutzquote für Uiguren

Ausgabe 295

Foto: Weltkongress der Uiguren

(Mediendienst Integration/KNA). Hunderttausende Uiguren werden laut Enthüllungen von internationalen Medien in „Umerziehungslagern“ der chinesischen Regierung festgehalten. Die chinesische Regierung wirft den Angehörigen der Minderheit vor, sie seien vom „Virus des radikalen Islamismus“ infiziert. Die Bundesregierung zeigte sich besorgt. Deutschland und andere europäische Länder haben China für die ­Inhaftierungen kritisiert.

Wie viele Uiguren weltweit auf der Flucht sind, ist nicht bekannt. Auch das UN-Flüchtlingswerk UNHCR erfasst keine Daten dazu. Für Deutschland liegen jedoch Informationen vor. Schutzsuchende können im Asylverfahren ­angeben, ob sie einer Minderheit angehören. Seit 2010 haben rund 500 Schutz in Deutschland gesucht, wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem MEDIENDIENST mitteilte (siehe Tabelle). Die Zahl der Asylanträge ist zuletzt deutlich gestiegen: von 31 im Jahr 2017 auf 149 in den ersten zehn Monaten 2019. Auch die Schutzquote ist in den vergangenen Jahren gestiegen: Von rund 32 Prozent im Jahr 2015 auf etwa 96 Prozent im laufenden Jahr.

Die meisten Uiguren, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, kommen nicht direkt aus China, sagt Rune Steenberg, Anthropologe an der Universität Kopenhagen. Steenberg hat lange in der west-chinesischen Provinz Xinjiang geforscht und begleitet häufig Uiguren im Asylverfahren in Deutschland.

„Die Uiguren, die derzeit Europa erreichen, haben vorher in der Türkei gelebt“, sagt Steenberg. Schon im frühen zwanzigsten Jahrhundert sind einige Tausend Uiguren in die Türkei übergesiedelt. Nach der Entstehung der Volksrepublik 1949 sind noch mehr Uiguren in Richtung Türkei ausgewandert – eine Migrationsbewegung, die in den vergangenen Jahren noch stärker geworden ist. Uiguren-Verbände in der Türkei schätzen, dass die Community derzeit ungefähr 35.000 Personen zählt.

„Die türkische Regierung pflegt seit ­einigen Jahren eine bessere Beziehung zu China“, sagt Steenberg. Das habe unter anderem dazu geführt, dass Uiguren neuerdings in Abschiebungshaft genommen werden. Es sollen bereits mehrere Hundert sein. Sie befürchten, dass sie nach China abgeschoben werden. „Die Uiguren in der Türkei fühlen sich nicht mehr sicher. Deshalb suchen viele von ihnen Schutz in Europa – vor allem in Schweden, Norwegen und Deutschland“, so der Anthropologe.

Die Zahl der Asylanträge von Uiguren in Deutschland ist im laufenden Jahr stark angestiegen. Bis Ende Oktober habe es 149 entsprechende Begehren gegeben, 112 davon seien schon entschieden, sagte der Sprecher des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Jochen Hövekenmeier, auf Anfrage in Nürnberg. Im gesamten Jahr 2018 seien es 68 Anträge gewesen, 2010 noch 22. Die Chance auf Anerkennung ist für die muslimische Minderheit sehr gut: Die Gesamtschutzquote liege bei 96,4 Prozent, so Hövekenmeier.

Insgesamt seien im laufenden Jahr rund 800 Erstanträge von Chinesen in Nürnberg gestellt worden. Die Volkszugehörigkeit werde nicht standardisiert abgefragt, sondern von den Menschen in der Anhörung teilweise erwähnt, erklärte der Sprecher. „Daher können wir nicht ausschließen, dass es eine ganze Menge mehr Uiguren sind.“