Hunderte Massenverhaftungen im Nordwesten Chinas

Ausgabe 228

(GfbV). Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat über anhaltende Massenverhaftungen von Uiguren im Nordwesten Chinas berichtet. „Mindestens 480 Uiguren wurden seit Anfang April 2014 aus politischen Gründen festgenommen“, sagte der GfbV-Asienexperte Ulrich Delius am 27. Mai.

Nachdrücklich forderte die Organisation einen Strategiewechsel, um die eskalierende Gewalt in Xinjiang einzudämmen. Zuletzt hatte es am 23. Mai in der Stadt Urumtschi einen Terroranschlag auf einen Gemüsemarkt mit 43 Toten gegeben. „Mit Sippenhaft für mehr als 100 Familienangehörige von Terrorverdächtigen und willkürlichen Festnahmen von muslimischen Frauen und Mädchen, die sich nicht verbieten lassen wollen, den Schleier zu tragen, schürt Peking nur weitere Ablehnung unter den Uiguren. Wenn eine weitere Zunahme der Gewalt verhindert werden soll, müssen nun inhaftierte uigurische Menschenrechtler freigelassen werden. Nur ein glaubwürdiger Dialog mit gemäßigten Uiguren kann das Pulverfass Xinjiang zur Ruhe bringen.“

Unter den 480 Festgenommen sind nach Angaben der Behörden allein 200 Uiguren, die im Mai verhaftet und der Gewalt und des „religiösen Extremismus“ beschuldigt werden. „Aus dem gleichen Grund werden auch uigurische Menschenrechtler und friedliche Demonstranten regelmäßig vor Gericht gestellt“, kritisierte Delius. Mehr als die Hälfte dieser 200 Inhaftierten sind Verwandte von Verdächtigen, die verantwortlich gemacht werden für eine Messerattacke am 30. April 2014. Damals wurden drei Personen im Bahnhof Urumtschi getötet. Systematisch wurden die Häuser der Angehörigen in der Stadt Gulbagh durchsucht. Sogar mehrere Dutzend Kinder wurden wegen möglicher Terrorgefahr in Gewahrsam genommen.

„Chinas Sicherheitsbehörden unterscheiden nicht zwischen friedlichem Protest von Uiguren, die den Respekt ihrer (…) garantierten Rechte einfordern, und blinder Gewalt von Extremisten, die jede Hoffnung auf eine friedliche Lösung der Konflikte verloren haben“, so Delius. „Nur wenn die Volksrepublik jetzt ein Zeichen setzt und inhaftierte Sprachenrechtler, Blogger, Schriftsteller, Studenten (…) aus der Haft entlässt, gibt es eine Chance, die Gewalt und Sprachlosigkeit zwischen Han-Chinesen und Uiguren zu überwinden.“