Im Islam lassen sich die innere und die äußere Welt nicht trennen. Wem Kenntnisse gegeben wurden, muss ihnen entsprechend handeln

Ausgabe 206

(iz). Allah, der Erhabene, sagt in einem Vers Seines Edlen Qur’an: „Allah wird die Rangstufe derjenigen erhöhen, die glauben und die Wissen haben.“ Wissen ist ohne Zweifel ­eines der größten Geschenke, das Allah der Menschheit gab. Und die Menschen, denen es verliehen wurde, nehmen die höchsten Ränge innerhalb der Schöpfung ein. Aber wie jedes Geschenk wird es von einer gewichtigen Verantwortung begleitet. Es muss genau und ­wahrhaftig weitergegeben und ihm gemäß gehandelt werden.

Der erste Aspekt davon ist Tabligh, die gewissenhafte Weitergabe des Wissens; so, wie es empfangen wurde – ohne es im Lichte des eigenen, begrenzten Verständ­nis umzudeuten. Dies wird notwendiger­weise von einer enormen Gottesfurcht begleitet. Allahs sagt über Seine Propheten, denen wir folgen und die wir nachahmen müssen: „Diejenigen, die ­Allahs Botschaft übermitteln und Furcht vor Ihm haben. Sie fürchten niemanden außer Allah.“

Wenn dieses Wissen durch das Ego oder der Furcht beziehungsweise dem Respekt vor den Feinden Allahs beeinträchtigt wird, oder vom Verlangen nach einem finanziellen Gewinn durch das Erlernte angetrieben, kann es zu einer Quelle der Irreleitung für die Leute werden. Dies ist unglücklicherweise der Fall bei einigen unserer Zeitgenossen. Es waren diese ‘Ulama, vor denen der Gesandte Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, mit den Worten ­warnte: „Wehe meiner Gemeinde, ob der falschen Gelehrten (‘Ulama As-Su’), die ihr Wissen als ein Gewerbe betreiben, das sie an die Mächtigen ihrer Zeit gegen einen Gewinn verkaufen. Möge Allah ihrem Gewerbe keinen Gewinn geben.“ Sie sind wie Qarun, der über seinen Reichtum sagte: „Mir wurde nur wegen des Wissens gegeben, über das ich verfüge.“ Aber hier sind sie fehlgeleitet und wie Ibn Mas’ud sagte: „Furcht vor ­Allah, dem Erhabenen, genügt als Wissen. Und Fehlgeleitet-Sein reicht zur Unwissenheit aus.“ Allah sagt in Seinem Gewaltigen Qur’an: „Tretet in den Garten ein wegen dessen, was ihr getan habt.“

Das zweite Kriterium, nach dem die Leute des Wissens beurteilt werden, ist die Handlung. Handeln sie nach dem, was sie wissen, oder haben sie bloß Worte, die sie auswendig lernten? Wissen, dass nicht in die Tat umgesetzt wird, schadet dem Menschen. Baschar ibn Al-Harith sagte: „Wissen ist gut für denjenigen, der nach ihm handelt. Aber es gibt nichts schädlicheres, als wenn jemand nicht danach handelt.“

Auf dieser Grundlage unterwies der Gesandte Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden, seine Gefährten im Din. Er portionierte das Wissen in verdauliche Stücke, sodass er sicher sein konnte, dass sie es annahmen und sofort in ihrem alltäglichen Leben umsetzten. Er lehrte ihnen niemals etwas, das sie nicht tun konnten oder dass er nicht bereits zuvor getan hatte. Und dies ist ein Grund, warum der Qur’an nicht auf einmal offenbart wurde, sondern vielmehr in einem Zeitraum von 23 Jahren. Dies gab den Muslimen die Gelegenheit, das Erlernte in die Tat umzusetzen. Eine ­große Furcht des Propheten war nicht, dass es seiner Gemeinde an Wissen fehlen würde, sondern dass sie an deren Umsetzung scheitern könnten. Mu’adh ibn Dschabal berichtete, dass er, möge Allah ihn segnen und Frieden geben, sagte: „Ich fürchte mich um euch nicht wegen etwas, dass ihr nicht wisst. Vielmehr müsst ihr euch darum sorgen, entsprechend eures Wissens zu handeln.“ (SHB)