Imam Al-Quschairy über Schweigen – Gutes sprechen oder ruhig sein

Ausgabe 219

‘Abdallah ibn Jusuf Al-Ispahani berichtete von Abu Huraira, dass der Gesandte Allahs sagte: „Wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, soll seinen Nachbarn nicht bedrängen. Wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, soll großzügig zu seinem Gast sein. Wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, soll sprechen, was gut ist, oder schweigen.“

‘Uqba ibn Amir berichtete: „Ich fragte: ‘Oh, Gesandter Allahs, worin liegt die Errettung?’ Er antwortete: ‘Halte deine Zunge im Zaum, bleibe zu Hause, und weine angesichts deiner falschen Handlungen.’“

Schweigen ist Sicherheit. Sie ist der Kern unserer Angelegenheit. Sie kann aber auch Ursache für Reue sein, wenn das Nicht-Sprechen tadelnswert ist. Es ist notwendig, dass man Rede oder Stille entsprechend der Verpflichtung eines Muslims wählt, das Gute zu gebieten und das Üble zu kritisieren. Im richtigen Augenblick nichts zu sagen, ist das Zeichen eines wahren Mannes genauso wie die Rede bei der passenden Gelegenheit eine der edelsten Eigenschaften ist. Ich hörte Abu Ali Al-Daqqag sagen: „Wer seine Zunge am Sprechen der Wahrheit hindert, ist ein Teufel ohne Zunge.“

Man sollte in der Gegenwart Allahs ruhig sein. Allah, der Allerhöchste, sagte: „Und wenn der Qur’an vorgetragen wird, dann hört ihm zu und horcht hin, auf dass ihr Erbarmen finden möget!“ (Al-’Araf, 204) Und Er sagte über die Dschinn, die sich in der Gegenwart des Gesandten befanden: „Als sie zu ihm eingefunden hatten, sagten sie: ‘Horcht hin!’“ (Al-Ahqaf, 29)

Was für ein Unterschied besteht zwischen einem Diener [Allahs], der still ist, um sich vor Lüge und Tratsch zu schützen, und einem Diener, der schweigt, weil er überwältigt wird von der Macht der Ehrfurcht, die er fühlt?

Schweigen hat zwei Teile, äußere Stille und die Stille des Herzens und des Geistes. Jemand, der auf Allah vertraut, ­beruhigt sein Herz als Weg des Anspruches auf seine Versorgung. Der ­’Arif (derjenige, der direktes Wissen von Allah hat) beruhigt sein Herz in der Annahme seines Schicksals, indem er sich in Übereinstimmung mit Allah befindet. Der eine verlässt sich auf die Feinheit Seiner Werke. Der andere ist zufrieden mit der Totalität Seines Ratschlusses.

Manchmal wird Schweigen durch das Erstaunen angesichts der spontanen Erkenntnis ausgelöst. Wenn die Enthüllung einer der Göttlichen Eigenschaften plötzlich geschieht, wird alle Ausdrucks­fähigkeit betäubt. Hier kann es keine Erklärung und keinen Vortrag geben. Jeder aussagekräftige Beweis ist verdunkelt und daher gibt es in diesem Moment weder Wissen, noch Empfinden. Allah, der Allerhöchste, offenbarte im Qur’an: „An dem Tag, da Allah die Gesandten versammelt und dann sagt: ‘Was wurde euch geantwortet?’, werden sie ­sagen: ‘Wir haben kein Wissen (darüber). Du bist ja der Allwissende über die verborgenen Dinge.’“ (Al-Ma’ida, 109)

Ich hörte, wie Abu ‘Abdarrahman As-Sulami von Bischr ibn Al-Harith überlieferte: „Wenn Rede dich eingebildet macht, dann schweige. Wenn ­Schweigen dich eingebildet werden lässt, sprich.“ Sahl ibn ‘Abdallah At-Tustari sagte: „Schweigen ist einer Person nicht angemessen, solange ihre Triebseele nicht gezwungen wurde, sich zurückzuziehen. Aufrichtige Reue ist einer Person nicht angemessen, solange ihre Triebseele nicht zum Schweigen gezwungen ­wurde.“

Es wurde überliefert, dass [der Prophetengefährte] Mu’adh ibn Dschabal sagte: „Sprecht wenig zu den Leuten und viel zu eurem Herrn. Vielleicht wird euer Herz Allah, den Allerhöchsten, schauen.“ Und jemand fragte Dhu’Nun Al-Misri: „Wer unter den Leuten beschützt sein Herz am besten?“ Er entgegnete: „Derjenige, der seine Zunge am besten unter Kontrolle hat.“ (Auszug aus der „Risala Quschairijja“)