Interview mit dem Sozialpädagogen Bilell Hamoussi. Von Aslan Belli

Ausgabe 208

(iz). Seit Anfang 2012 ist ein neues Buch zum Thema muslimisches Leben in Deutschland auf dem Markt. Die Stadt Wolfsburg veröffentlichte das Buch „Muslime in Wolfsburg“ der Autoren Bilell Hamoussi und Mohamed Ibrahim. Das Buch erzählt die Geschichte der Einwanderung und der Integration von Muslimen in Wolfsburg. Neben den harten Fakten werden hierbei auch viele Einzelschicksale repräsentativer Persönlichkeiten der islamischen Gemeinde der Stadt vorgestellt.

Islamische Zeitung: Wie ist es zu diesem Buch gekommen? Was war Ihre Motivation das Buch zu schreiben und welche Leserschaft hoffen Sie mit dem Buch anzusprechen?

Bilell Hamoussi: Mit diesem Buch erhielten die Muslime im Wolfsburg zum ersten Mal die Chance, ihre Geschichte niederzuschreiben. Dies geschah im offiziellen Auftrag der Stadt Wolfsburg. Wichtig war uns die Migrationsgeschichte Muslime in Wolfsburg für die Nachwelt festzuhalten. Dies war wichtig, da es bislang keine Niederschrift dieser spannenden Geschichte in einer auch für die Wissenschaft relevanten Form gibt. Weiterhin gibt es immer noch viele Berührungsängste der Gesellschaft zum Islam. Als das Islamische Kulturzentrum in Wolfsburg gebaut wurde, gab es leider viele Bürgerproteste. Das Buch soll auch dazu dienen, diese Ängste abzubauen.

Islamische Zeitung: Wie setzt sich die islamische Gemeinde in Wolfsburg zusammen? Gibt es Besonderheiten im Vergleich zum Rest Deutschlands?

Bilell Hamoussi: Die zumeist tunesisch-stämmigen Muslime leben mittlerweile in der 2. und 3. Generation in Wolfsburg. Viele aus der 2. Generation sind sehr erfolgreich zum Beispiel als Ingenieure, Mediziner oder Lehrer. Leider gibt es natürlich teilweise auch Schwierigkeiten bei der Eingliederung in die Gesellschaft. Diese werden von der Mehrheitsgesellschaft natürlich besonders stark wahrgenommen.

Islamische Zeitung: Einen wichtigen Teil Ihres Buches nimmt das 2006 eröffnete Islamische Kulturzentrum (IK) ein. Was für eine Bedeutung hat das IK im Leben der Wolfsburger Muslime?

Bilell Hamoussi: Das IK dient vielen als Ankerpunkt. Hier können sie ihre religiösen und kulturellen Traditionen ausleben. Es verleiht den Muslimen ein Gesicht, durch das sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Islamische Zeitung: Wie steht es um den interreligiösen Dialog in Wolfsburg?

Bilell Hamoussi: Das IK ist natürlich auf islamischer Seite der Hauptansprechpartner für den intereligiösen Dialog geworden. Es gibt regen Austausch, Zusammenarbeit und gemeinsame Aktionen mit verschiedenen kirchlichen und sozialen Institutionen. Besonders Herr Ibrahim hat hierbei wertvolle Arbeit geleistet und war bei vielen dieser Aktivitäten federführend.

Islamische Zeitung: Gibt es Impulse die die Geschichte der Muslime in Wolfsburg für die Integration der Muslime in Deutschland und die Entwicklung eines muslimischen Lebens in Deutschland?

Bilell Hamoussi: Den Muslimen in Wolfsburg war von Anfang an klar, dass sie ihre gesellschaftlichen Ziele nur in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Wolfsburg erreichen können. Da sich beide Seiten mit gegenseitigem Respekt begegnet sind, konnte ein offener und transparenter Dialog entstehen. Im Laufe der Jahre intensivierte sich der Austausch, so dass Freundschaft entstand. Durch dieses offene Aufeinanderzugehen konnten viele Vorurteile abgebaut werden, die ansonsten durch Verschlossenheit geschürt würden. Egal ob in Wolfsburg oder jeder anderen Stadt in Deutschland: Toleranz, Achtung, und Akzeptanz sind der Schlüssel für eine gemeinsam gestaltet Zukunft.

Islamische Zeitung: Sie zeigen viele interessante Einzelschicksale in Ihrem Buch. Nach welchen Kriterien erfolgte die Auswahl der gezeigten Personen. Was war der Gedanke dahinter dies zu zeigen`

Bilell Hamoussi: Wir wollten gerne Gesichter aus dem Alltag und der Öffentlichkeit zeigen. Es sollte ein guter Querschnitt der muslimischen Community gezeigt werden. Die Muslime sollten als normale, einfache Menschen sichtbar und für den Leser greifbar werden.

Für die sehr intensive und erfolgreiche Zusammenarbeit mit Herrn Ibrahim möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. Des Weiteren möchte ich mich hier natürlich bei der Stadt Wolfsburg für bedanken. Die Zusammenarbeit der Stadt mit den Muslimen ist vorbildlich. Wolfsburg macht seinem Ruf als weltoffene Stadt alle Ehre. Bei der Arbeit an dem Buch konnte ich auch mein eigenes Migrationserbe aufarbeiten. Ich freue mich sehr, dass wir die Geschichte der Wolfsburger Muslime für die kommenden Generationen festhalten konnten! Ich möchte mich auch herzlich bei der IZ für das Interview bedanken.

Islamische Zeitung: Wir bedanken uns für das Interview.