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Iran: Embargo trifft die Ärmsten

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Iran und USA waren einst die besten Freunde – bis der Schah 1979 zur Flucht gezwungen wurde und islamische Kräfte die Macht übernahmen. Ihr Konflikt hat sich unter Trump zugespitzt und bedroht den Frieden in der Region. Von Katharina Dockhorn

Straßburg (KNA). John R. Bolton war sich sicher. 2019 werde im Iran eine neue Regierung an die Macht kommen, sagte der konservative Hardliner und damalige Sicherheitsberater von Präsident Trump in den Jahren 2018/19 bei der Verschärfung der Sanktionen durch den US-Präsidenten voraus. Es kam bekanntlich anders. Bolton verlor sein Amt, und das Regime der Islamischen Republik scheint nach der Ermordung von Qasem Soleimani, Divisionskommandeur in der iranischen Revolutionsgarde, durch eine amerikanische Drohne im Januar 2020 gefestigter denn je.

Seit mehr als 40 Jahren versuchen die USA, die Regierung der Islamischen Republik mit einem umfassenden Embargo zu isolieren, die Wirtschaft an den Rand des Kollapses zu bringen und die Iraner zum Aufstand anzustacheln. Diese Politik hat zu einer Aufrüstungsspirale im Iran geführt, die zeitweise durch das Wiener Abkommen über die Einschränkung des iranischen Atomprogramms von 2015 gestoppt werden konnte. Der Iran hielt die Auflagen ein, trotzdem kündigte Trump das Abkommen. Die Europäer als weiterer Vertragspartner sind machtlos. Auch das zeigt die Dokumentation „Embargo – Iran im Würgegriff der USA“ von Magali Serre. Arte strahlt den einstündigen Film am 30. Juni um 22.00 Uhr aus.

Ende 2019 blickte die Welt gebannt in den Iran. Nach dem Abschuss eines Passagierflugzeuges mit 176 Passagieren durch die Revolutionsgarde und der Erhöhung der Benzinpreise gingen Hunderttausende Iraner auf die Straße und demonstrierten gegen das Regime. Der Protest der Bürger hatte einen ähnlichen Auslöser wie die Empörung der Gelbwesten in Frankreich. Ohne Auto sind viele Iraner aufgeschmissen. Und der Regierung gingen die Mittel aus, die Preise zu subventionieren. Schließlich hatten die USA im Frühjahr 2019 ein Embargo für Ölexporte verhängt.

Der Protest verpuffte nach dem Tod von Qasem Soleimani. Er galt im Westen als Kopf hinter der aggressiven militärischen Einmischung des Irans in der Region. Im Land wird er als Held aus dem Krieg gegen den Irak in den 1980ern verehrt. Mit seiner Tötung erreichten die USA das Gegenteil des Beabsichtigten. Große Teile der Bevölkerung solidarisierten sich, ihr Zorn richtete sich erneut gegen die USA und nicht gegen die eigene Regierung.

Seit 40 Jahren sind die beiden einst befreundeten Mächte ineinander verkeilt. Die Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran durch radikale islamische Kräfte im November 1979 hat bis heute ihre Spuren hinterlassen. Mit einem kurzen historischen Diskurs streift die Autorin die Anfänge des Konflikts, dessen Auswirkungen auch in Europa spürbar sind. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der Entwicklung im vergangenen Jahrzehnt und der Zuspitzung des Konflikts unter Trump.

Selbst China hält sich heute weitgehend an das Ölembargo – statt bis zu 400.000 Barrel pro Tag vor dem Embargo exportiert das Land nur noch rund 100.000 Barrel. Andererseits hat das Land der Mitte die Einfuhr von Öl und Gas vom Nachbarn Russland ausgebaut. Solch eine Einordnung mit Blick auf die Verschiebung von Handelsströmen durch das Embargo vermisst man allerdings in der Reportage.

Noch ärgerlicher ist allerdings, dass der These von Jason Rezalan, Ex-Iran Korrespondent der „Washington Post“, nicht weiter nachgegangen wird. Nach seinen Recherchen kontrollieren die Revolutionsgarden selbst den Schmuggel mit Gütern, die unter das Embargo fallen.

Sehr deutlich macht die Autorin die Auswirkungen des Embargos auf Alltag und Wirtschaft im Iran. Nähmaschinen stehen still, weil Aufträge aus dem Ausland fehlen. Den Färbereien geht die Farbe vom internationalen Markt aus. Aber vor allem treffen die Sanktionen auch Bereiche wie das Gesundheitswesen, die ausdrücklich vom Embargo ausgenommen sein sollen. Krebskranke Kinder könnten deshalb bald nicht mehr versorgt werden, so die Filmemacher.

Der Kampf gleiche dem von David und Goliath, wobei er sich vor allem zum Nachteil der iranischen Bevölkerung auswirke. Die Geschichte lehre allerdings, dass die Politik der Isolierung und Einschüchterung niemals erfolgreich gewesen sei. Insbesondere Europa solle sich daher – auch im eigenen Interesse – bemühen, den Konflikt zu befrieden.