Islam in Deutschland: Die Politik braucht einen Paradigmenwechsel

Ausgabe 235

(iz). Man stelle sich vor, Pegida hieße Pegjda – also „Patriotische Europäer gegen die Judaisierung des Abendlandes“. Was wäre hier los? Wie hätte die Politik reagiert? Wie würden unsere europäischen Nachbarstaaten reagieren?Joachim Gaucks erste öffentliche Aussage nach Amtsantritt war es, Christian Wulffs Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland, zu verneinen. Sarazzin nahm er in Schutz. Nannte ihn „mutig“ und er würde Probleme der Gesellschaft offen benennen. Erst kürzlich zeigte er sich handzahm, als er den Empfang für die ersten Stipendiatinnen und Stipendiaten des Avicenna-Studienwerks abhielt. Dort betonte er, dass sich Deutschland – und damit meint er die politischen Akteure – nicht eingestehen wollte, ein Einwanderungsland zu sein.

Als 1998 die rotgrüne Regierung antrat, gestand sie, dass es in Deutschland Zuwanderung gegeben habe und gebe und es ein Zuwanderungsland sei. Damit leitete sie den Paradigmenwechsel ein. Auch Wulff (CDU) versuchte, in seinem Amt, einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Allerdings wurde dieser von Medien und Politik weitestgehend abgeschmettert.

Wer sich Pegida anschließt, weiß, in rhetorischen Gefilden er sich bewegt. Man muss kein Prophet sein, um bei den Aktivisten rechtes Gedankengut festzustellen. Ihre Vordenker sind die „Achse des Guten“, „Politically Incorrect“, die BILD und politische Akteure von Regierung und Opposition. Denn die Rhetorik ist das zentrale Werkzeug der Politik. So ist die Rhetorik Gaucks, Klöckners, Bosbachs, De Maizieres und anderer, nur ein Beispiel für das Schüren von Ängsten der Mehrheitsbevölkerung.

Um dieses Werkzeug auch als Schutzmechanismus gegen unliebsame Rechte zu verwenden, benötigen sie eben diesen Paradigmenwechsel. Es beginnt bei der Realisierung der Islamophobie und hört mit Generalverdacht gegenüber Muslimen auf. Auf Endlosschleife gelegte Kopftuchdebatten, die ewige Aufforderung, sich von allem Unheil der Welt zu distanzieren, und der Unterstellung, dass Islam mit einer Demokratie inkompatibel sei, sind nur einige Beispiele.

Solange sich die Politik wehrt, sich aufrichtig mit Muslimen und Islam auseinanderzusetzen, solange sie sich nicht eingestehen möchte, dass sie zu Deutschland gehören, solange sie den Generalverdacht aufrechterhält und Ausweise für „Islamisten“ etablieren will; solange sie ein Randphänomen wie die Burka zum künstlichen Thema aufbläht und solange sie nicht ihr derzeitiges Paradigma gegenüber dem Islam wechselt, solange werden bestehende Ängste der Bevölkerung durch rechtsnationales Gedankengut vertieft werden.