Jenseits der medialen Verzerrungen: Die Barmherzigkeit ist eine bestimmende Eigenschaft der Gläubigen

Ausgabe 247

(iz). In den letzten Jahren hat es den ­Anschein, als würde das mediale Narrativ unsere Religion ausschließlich als negativ beschreiben. Muslime wirken wie gnadenlose, harsche Kreaturen – mit einer Neigung zu unterscheidungslosen Akten des Mordens und der Gewalt. Für viele sind Härte und Gewalt Synonyme für den Islam geworden. Es ist aber nicht ihre Verbindung zu Allah, die solche Verbrecher antreibt. Vielmehr sind es ihre anarchischen und kriminellen Tendenzen. Ihr tief verwurzeltes Ressentiment und ihr Hass auf Staaten und Regierungen haben ihnen das Gefühl des Nicht-Willkommenseins in ihrer Heimat vermittelt.

Bei ihrem Tun handelt es sich nicht um die Antwort des Muslims. Es ist ein Akt des psychotischen, nihilistischen Anarchisten. Desjenigen, der lieber zerstören als aufbauen will. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, selbst im Rahmen eines Krieges. Der Din Allahs erlaubt kein unterscheidungsloses Töten oder das Nehmen eines Lebens, nicht einmal in der Hitze des Gefechts.

Als unser Meister Abu Bakr eine seiner Armeen schickte, gab er ihr sehr viele ­Anweisungen. Zu diesen gehörten: „Verstümmelt nicht, tötet keine Kinder, Alten oder Frauen, verbrennt keine Palmen oder lasst sie unfruchtbar werden und schlagt keine fruchttragenden Bäume ­nieder.“

Als die Muslime in Mekka unterdrückt wurden, ermutigte sie der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, niemals dazu gewaltsam zu reagieren. Vielmehr sagte er den Muslimen, was ihr Herr ihnen befahl: „Rufe zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung, und streite mit ihnen in bester Weise.“ (An-Nahl, 125)

Auf ihre Unwissenheit und Grobheit reagierte er mit Freundlichkeit und Barmherzigkeit. Obwohl wir in einer nach-medinensischen Welt leben, ist die heutige Welt in mancherlei Hinsicht mit der mekkanischen Situation vergleichbar. Wir leben in Ländern, in denen unsere religiöse Wirklichkeit angegriffen wird. Daher ist es angemessen, wenn wir unserem Vorbild und Wegweiser nach­eifern, als er sich selbst in einer solchen Situation wiederfand. Selbstverständlich müssen wir sicherstellen, dass wir im Hinblick auf die Wahrheit keine Kompromisse eingehen. Unsere gesamten Transaktionen sollten durch Lutf (Freundlichkeit) und Rahma (Bermherzigkeit) gefärbt sein. Die Leute sollten dieses Gesicht des Islam sehen, denn es wird anziehen. Denn Allah sagt im Qur’an: „Durch Erbarmen von Allah bist du mild zu ihnen gewesen; wärst du aber schroff und hartherzig, so wären sie wahrlich rings um dich auseinandergelaufen.“ (Al-i-’Imran, 159)

Menschen werden durch Freundlichkeit und aufrichtiges Mitgefühl angezogen. Sie bringen den Samen der Liebe aus. Es gibt die erstaunliche aktuelle Geschichte einer Frau in Amerika, die sich einem Protest vor einer Moschee gegen den Islam anschließen wollte, und als einzige dastand. Schließlich kam ihr eine der Frauen aus der Moschee entgegen und umarmte sie herzlich. Die Demonstrantin wurde ins Innere gebeten. Ihre Wahrnehmung des Islam und der Muslime veränderte sich in dem Augenblick. Wenn die Leute unerbittlich in ihrer Zurückweisung des Islam sind, reagieren wir weder mit Härte, noch geben wir sie komplett auf. Stattdessen sollten wir sie behandeln, wie es der Prophet, Allahs Heil und Segen auf ihm, getan hat. Als er, wie in der Stadt Taif, mit Steinen und Flüchen begrüßt wurde, sprach er ein Bittgebet für ihre Rechtleitung.

Barmherzigkeit und Mitgefühl standen immer im Herzen dessen, was es heißt, Muslim zu sein. Jedes Mal, wenn wir uns an eine Sache machen, rufen wir den Namen unseres Herrn an, dem Allerbarmer. Das ist der einzige der Göttlichen Namen, der als komplett austauschbar mit Seinem Namen, Allah, gilt. Als solcher wird er im Qur’an benutzt: „Sprich: 'Ruft Allah oder ruft den Allerbarmer an.‘“ (Al-Isra’, 110) Das ist die gleiche Eigenschaft, mit der Allah Seinen Gesandten bezeichnet: eine Barmherzigkeit für die Welten. Als Menschen vertrauen wir auf Seine Gnade. Der einzige Weg, durch den wir sie erwarten können, ist unser eigenes barmherziges Verhalten. Der Gesandte Allahs sagte: „Wenn ihr nicht barmherzig mit den Leuten seid, wird Allah nicht barmherzig mit euch sein.“ Und er sagte: „Ihr werdet nicht glauben, bis ihr einander barmherzig seid.“ Seine Gefährten entgegneten: „Aber jeder von uns ist barmherzig.“ Darauf entgegnete der Gesandte Allahs: „Ich meinte nicht die Gnade, die ihr im engsten Kreis an den Tag legt, sondern vielmehr jene gegenüber der allgemeinen Bevölkerung.“

Unser normaler Umgang mit jedem sollte aus Freundlichkeit und Mitgefühl bestehen. Das sollten sie in uns sehen und es sollte das Erste sein, was ihnen einfällt, wenn sie an uns denken. Das heißt nicht, dass wir akzeptieren, was andere über unseren Din sagen. Wir setzen uns mit ihren Positionen auseinander, aber greifen die Leute, die sie vertreten, nicht an. Und wir verfluchen auch nicht die Leute oder woran sie glauben. Denn dies ist schädlich, wie Allah es im Qur’an sagt: „Und schmäht nicht diejenigen, die sie außer Allah anrufen, damit sie nicht in Übertretung ohne Wissen Allah schmähen.“ (Al-An’am, 108)

Stattdessen rufen wir die Menschen zu dem, was richtig ist. Und wir demonstrieren ihnen die Vortrefflichkeit und den Vorrang von Allahs Din durch unseren guten Charakter und unsere edlen Handlungen.

Freundlichkeit und Barmherzigkeit bedeuten nicht, sich vor der Lüge niederzuwerfen, oder den Din so sehr zu „reformieren“, dass er mit den Prinzipien der Lüge übereinstimmt. Es ist eigentlich das Gegenteil. Was für eine Barmherzigkeit zeigen wir den Menschen, wenn wir unserem Herrn gegenüber ungehorsam sind und den Weg für endloses Leiden eröffnen? Das wäre die ultimative Grausamkeit. Alles im Din ist Wahrheit. Allah sagt in Seinem Buch: „Glaubt ihr denn an einen Teil der Schrift und verleugnet einen anderen? Wer von euch aber solches tut, dessen Lohn ist nur Schande im diesseitigen Leben. Und am Tag der Auferstehung werden sie der schwersten Strafe zugeführt werden.“ (Al-Baqara, 85)

Obwohl der Gesandte Allahs immer freundlich zu den Quraisch sprach und sie gut behandelte, kompromittierte er weder seinen Glauben, noch sein Versprechen an seinen Herrn. Und er praktizierte den Din Allahs und rief dazu auf, selbst wenn er im Gegenzug Gewalt und Flüche erfahren musste. Freundlichkeit und Barmherzigkeit bedeuten weder Akzeptanz, noch Beschwichtigung. Es heißt einfach, dass wir den Rest der Schöpfung so behandeln wie unsere Kinder und die geliebten Menschen um uns herum – wir wollen das Beste für sie.

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