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Kein Konflikt zwischen Kultur und Din

Ausgabe 280

Foto: Fauzia Benedetti

Fauzia Benedetti ist eine in Granada lebende Muslimin, die Teil des sechsköpfigen Ensembles „Jinnan al-Andalus“ ist. Sie ist Sängerin und spielt Querflöte. Sie wuchs in einer muslimischen Musikerfamilie auf und sieht diese Kunstform als Bestandteil ihres Lebens an. Das Ensemble tritt auf Konzerten und muslimischen Veranstaltungen auf und bringt sein Publikum mit islamisch-andalusischer Musik in Berührung. Wir unterhielten uns mit Benedetti über ihre Leidenschaft zur Musik und ihre Wurzeln in der europäischen Kulturtradition.
Islamische Zeitung: Liebe Fauzia Benedetti, erzählen Sie uns etwas über Ihr Ensemble.
Fauzia Benedetti: Ich arbeite und spiele mit einer arabisch-andalusischen Musikgruppe, die vom marokkanischen Sänger Hamid Ajbar geleitet wird. Er kommt ursprünglich aus Chaouen, im Norden Marokkos, wo es eine hundertjährige Tradition der spirituellen Musik gibt, deren Lieder, oder „Sanaa“, auf den ­Gedichten andalusischer Sufimeister  wie Ibn ‘Arabi, Schuschtari, Ibn Nahwi, Imam Busairi und Muhammad Harraq gegründet sind. Wir spielen in einer ­traditionellen „Takht“-Formation, darin sind die Instrumente Geige, Kanun, ­Laute, Rahmentrommel und Darbuka vertreten.
Islamische Zeitung: Wie beeinflusst Sie die Musik spirituell?
Fauzia Benedetti: Ich bin in einem musikalischen Background aufgewachsen, da mein Vater Jazzmusiker ist, und er hat es uns beigebracht, mit scharfem Ohr Musik zu hören, und nicht bloß als Zeitvertreib.  Wenn ich ein grandioses Stück höre, sei es eine Bach Sonate oder ein großartiges Jazzlied, glaube ich, dass es den Menschen erhebt. Wenn es mich in seiner Schönheit an Allah erinnert, ich dabei die obligatorische ‘Ibada unseres Dins nicht vergesse, dann finde ich darin etwas spirituell Berührendes.
Islamische Zeitung: Sie verbinden klassisch-sufische Musik mit Ihren ­europäischen Wurzeln. Sehen Sie einen Konflikt?
Fauzia Benedetti: Nein. Ich finde, es gibt keinen Widerspruch zwischen meiner Kultur und meinem Din. Ich weiß, dass es verschiedene Meinungen dazu gibt, ob Musik im Islam überhaupt ­erlaubt ist oder nicht, und ich bin kein Expertin. Meiner Meinung nach ist Musik, in ihrer höchsten Form, ein Ausdruck der Wunder und Schönheit von Allahs Schöpfung. Er machte es dem Menschen möglich, sich in solch wohlklingenden Melodien auszudrücken.
Man denke nur an all die großen ­Komponisten wie Bach, Mozart, Beethoven… Sie alle haben eine Begabung von Allah erhalten. Wenn man dieses ­Talent und diese Hingabe dann noch mit wunderschönen Gedichten, die Allah preisen und Seinen geliebten Propheten loben, verbindet, dann hat man eine ­Zusammensetzung, die uns tief in der Seele berührt.
Islamische Zeitung: Ist Musik, die auf den muslimischen Traditionen muslimischer Völker gegründet ist, ein Teil Europas?
Fauzia Benedetti: Als ich nach Spanien kam, hat mein Mann mir eine silberne Querflöte geschenkt und mich mit klassischer andalusischer Musik bekannt gemacht, wie sie traditionell in Marokko gespielt wird. Diese ersten Kassetten haben mich tief beeindruckt. Das Erstaunliche an der klassischen andalusischen Musik, oder Al-Ala, wie sie in Marokko genannt wird, ist, dass ihre Ursprünge europäisch in dem Sinne sind, dass sie sich im muslimischen Spanien über ­mehrere Jahrhunderte entwickelt hat.
Diese Musik hat orientalische oder ­arabische Einflüsse, aber sie hat auch christliche und jüdische Elemente, die gemeinsam in der sogenannten Zivilisation von Al Andalus vorhanden waren. Nach der Vertreibung der Muslime wurde sie seitdem hauptsächlich in mündlicher Überlieferung in weiten Teilen Nordafrikas, insbesondere in Marokko, Algerien und Tunesien aufrechterhalten.
Aber die Musik stammt ursprünglich aus Spanien, man könnte also sagen, dass sie ein europäisch-islamisches Phänomen ist. Sie können auch Einflüsse dessen im Flamenco sehen, was auch auf die Fusion der verschiedenen Kulturen in Spanien zurückzuführen ist. Und es gibt definitiv Ähnlichkeiten in der Balkanmusik sowie der griechischen und türkischen Musik. Die andalusische Musik beeinflusste auch die jene der Renaissance im restlichen Europa.
Islamische Zeitung: Kann Musik auch eine Einladung zu Allah sein?
Fauzia Benedetti: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn wir ein Konzert geben, es immer jemanden gibt, der für die Botschaft empfänglich ist, die wir durch die Schönheit der Qasidas, die wir singen, vermitteln wollen. Ich interagiere immer ganz gern mit dem Publikum und erkläre den Leuten einige dieser Gedichte, damit sie einen Eindruck von diesem wundervollen Erbe bekommen können, das wir heute am Leben zu erhalten ­versuchen.
Islamische Zeitung: Liebe Fauzia ­Benedetti, wir bedanken uns für das Gespräch.