Kommentar: Uiguren, das vergessene und unterdrückte Volk

Ausgabe 241

Im Falle der anhaltenden Repression gegen die muslimischen Uiguren ist die muslimische Welt seltsam passiv. Bei einem jüngsten Gipfel zwischen China und der OIC spielte die Lage des Turkvolkes keine nennenswerte Rolle.

Von Mustafa Ayanoglu
(iz). Wenn von Minderheiten in China die Rede war, dachte man bis vor ein paar Jahren nur an die Tibeter, die Repressalien ausgesetzt gewesen waren und es auch weiterhin sind. Neuerdings hat sich die Weltöffentlichkeit einer weiteren Minderheit in der Volksrepublik zugewandt: dem muslimischen Turkvolk der Uiguren.

Vor allem in den letzten Wochen machte eine breite Palette an Menschenrechtsverletzungen in ihrer Heimat, der Region Xinjiang, die Runde um die Welt. Es wurde bestimmten Gruppen der Uiguren von der Lokalregierung (wie in den Jahren zuvor) verboten, im Ramadan, dem heiligsten Monat des islamischen Kalenders, zu fasten. Betroffen davon sind unter anderem Schüler, Lehrer sowie Beamte. Darüber hinaus untersagt die Kommunistische Partei das Tragen von langen Bärten und gestattet nur Volljährigen den Besuch einer Moschee.

Sollte jedoch jemand auf eigene Initiative hin private religiöse Unterweisung anbieten, trifft ihn/sie die volle Härte des Gesetzes. In letzter Konsequenz heißt dies nichts anderes, als dass die kommenden Generationen der Uiguren ihrer Religion und Kultur beraubt werden sollen.

Aufgrund der hier geschilderten Lage ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Uiguren – von der Welt- und Wertegemeinschaft im Stich gelassen – regelrecht dazu gedrängt sind, mit Protesten auf ihren miserablen Zustand aufmerksam zu machen. Der Mensch sollte nie, aber kann nur bis zu einem gewissen Punkt, Intoleranz und Gewalt ertragen. Danach ist es die logische Konsequenz, dass er gegen diese Repression protestiert.

Die gewalttätigen Ausschreitungen der jüngsten Vergangenheit in Xinjiang waren auch eine Reaktion auf die jahrelang anhaltende Unterdrückungspolitik durch die Volksrepublik China. Rückblick: Im Juli 2014 protestierten uigurische Bauern in Yarkan gegen illegale Landenteignungen, woraufhin die Polizei 96 Menschen tötete. In ihrer Stellungnahme zu besagtem Vorfall stempelte die Regierung die Opfer ohne handfesten Beweis als „Terroristen“ ab. Laut Augenzeugenberichten handelte es sich bei den Opfern lediglich um ansässige Bauern, die gegen die Regierungswillkür protestieren wollten und gezielt getötet wurden.

Umso verlogener wirkt das von der Regierung organisierte Interview, das die ARD-Journalistin Christine Adelhardt kürzlich mit dem Imam der Idkah-Moschee führte. Der Imam selbst hatte keine Möglichkeit, auf die katastrophale Situation der Uiguren einzugehen, da acht Regierungsmitarbeiter bei der Unterredung zugegen waren. So war er gezwungen, die Errungenschaften der „bedeutsamen Integrationsbemühungen“, eine Umschreibung für die jahrzehntelange Zwangsassimilierung und Unterdrückung, der Regierung zu würdigen.

Mittlerweile stehen alle Uiguren unter Generalverdacht, „Terroristen“ zu sein und sind täglich Gewalt und Unterdrückung ausgesetzt. Bis dato hat sich die Weltgemeinschaft nicht dazu durchgerungen, China bezüglich dieser Menschenrechtsverletzungen zu kritisieren, wie es bei den Tibetern der Fall war.