Krisenherd in Afrika: Die Terroristen in Nordnigeria sind noch lange nicht besiegt

Ausgabe 246

Entgegen der Behauptungen von westafrikanischen Militärs, Diplomaten und Politikern kann von einer baldigen Niederlage der Gruppe Boko Haram bisher keine Rede sein. Termine für die angekündigten, baldigen Siege gegen die Bewegung werden mittlerweile de facto revidiert. Eine Folge ihres Wirkens ist die Flucht von unzähligen Menschen.

(KNA). Armeeführer und Politiker in Nigeria beteuern ständig, die radikale Terrormiliz Boko Haram sei bald geschlagen. Doch die Realität sieht anders aus. Die Terroristen verbreiten nach wie vor Angst und Schrecken.

Auf der Homepage der Aktivisten-Gruppe „Bring Back Our Girls“ hat sich nichts getan. Noch immer sind die 219 Mädchen, die in Nigerias Bundesstaat Borno eine weiterführende Schule besuchten, in den Fängen der militanten Terrorgruppe Boko Haram. Die Uhr tickt unablässig. Seit die Schülerinnen entführt wurden, sind bereits mehr als 560 Tage verstrichen. Ein paar engagierte Bürger rund um die ehemalige Bildungsministerin Obiageli Ezekwesili treffen sich trotzdem weiter täglich im Zentrum der Hauptstadt Abuja, damit die entführten Mädchen nicht in Vergessenheit geraten.

Unter den 338 Personen, die die Armee laut eigenen Angaben am Dienstag aus Camps am Rande des Sambisa-Waldes befreite, ist offenbar keine der Vermissten. Das riesige Waldgebiet im Süden Bornos ist seit Jahren ein Rückzugsgebiet der 2002 gegründeten Terrorgruppe. Systematisch durchkämmt wird es aber erst seit gut einem halben Jahr. Davor hieß es, man würde die Entführten durch militärische Angriffe zu sehr in Gefahr bringen. Dieses Versäumnis gilt als ein wesentlicher Grund für die Abwahl von Ex-Präsident Goodluck Jonathan.

Aber auch die neuen Erfolgsmeldungen des Militärs lösen mittlerweile kaum noch Begeisterung aus; sie werden in nigerianischen Medien oft gar nicht mehr wahrgenommen. Es wird immer deutlicher, dass der Sieg über Boko Haram in der versprochenen Frist nicht zu schaffen ist. In den vergangenen Wochen wiederholten sowohl Vertreter der Sicherheitskräfte als auch führende Politiker allzu gerne, dass die Terrorgruppe bis Ende des Jahres der Vergangenheit angehören werde.

Vor einigen Tagen indes bezeichnete Yakubu Gowon, Staatspräsident von 1966 bis 1975, den Zeitplan als unrealistisch. Er habe zwar großes Vertrauen in die Armee, die hart kämpfe. „Aber niemand kann mit Bestimmtheit sagen, wann dieser Terror tatsächlich vorbei ist.“ Am Mittwoch dann kritisierte der Emir von Kano, Muhammadu Sanusi II., die verschiedenen Sicherheitsdienste kooperierten nicht ausreichend. Mutmaßlichen Terroristen gelinge es immer wieder, sich in Unterkünften für Binnenflüchtlinge zu verstecken. Dort könnten neue Mitglieder angeworben werden.

Im Norden Nigerias sind derzeit weit mehr als zwei Millionen Menschen vor Boko Haram auf der Flucht. Daran ändert auch die Befreiung von Geiseln und die Verhaftung der Terroristen nichts. Nach wie vor werden mitunter mehrere Anschläge pro Woche verübt. Besonders hart trifft es nun wieder einmal die Provinzhauptstadt Maiduguri. Dort und in Yola (Bundesstaat Adamawa) starben allein am vergangenen Freitag 42 Menschen.

Boko Harams Strategie ist es im Moment offenbar, in den frühen Morgenstunden anzugreifen. Anschlagsorte sind Moscheen, die Gläubige für das Morgengebet besuchen. Verübt werden die Übergriffe meist von jungen Frauen, die als Geiseln bei der Terrorgruppe gelebt haben. Sie werden massiv unter Druck gesetzt. Noch vor ein paar Monaten wurden vor allem entlegene Dörfer zum Ziel, in denen Polizei und Militär kaum präsent sind.

Seit 2009 sollen durch Boko-Haram-Anschläge unterschiedlichen Schätzungen zufolge mindestens 14.000 Menschen ihr Leben verloren haben. Die Gesamtzahl der Verletzten ist ungewiss. Sorge bereitet inzwischen auch die steigende Zahl von Anschlägen in den Nachbarländern Kamerun, Tschad und Niger. Die Grenzregionen gelten schon seit Jahren als Rückzugsorte der Terroristen. Seit Donnerstag gilt nach Informationen des britischen Senders BBC in der Region rund um die Grenzstadt Diffa im Niger der Ausnahmezustand; dort starben am Vortag 15 Menschen durch einen Anschlag.

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