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Kritik an Frankreich im neuen Karikaturenstreit

Foto: Jacques Paquier, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 2.0

Aus der muslimischen Welt schlägt Emmanuel Macron teilweise Wut entgegen. Vor allem die Türkei tut sich hervor. Aber nicht nur dort ist die Empörung darüber groß, dass Frankreich die Meinungsfreiheit über das Verbot stellt, den Propheten abzubilden.

Kairo/Ankara/Paris (dpa/iz). Aufrufe zum Boykott und verbale Angriffe auf Frankreichs Staatschef: Im Streit um Karikaturen des Propheten Mohammed hat der französische Präsident Emmanuel Macron den Zorn aus Teilen der muslimischen Welt auf sich gezogen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einer Lynchkampagne gegen Muslime in Europa und rief zum Boykott französischer Waren auf. Pakistan und mehrere arabische Regierungen kritisierten Macrons Verteidigung von Karikaturen im Rahmen der Meinungsfreiheit.

Erdogan hatte bereits Zweifel an Macrons geistiger Gesundheit angemeldet und ihm empfohlen, sich psychisch untersuchen zu lassen. In einem beispiellosen Schritt rief Paris aus Protest seinen Botschafter aus Ankara zurück. Bundesaußenminister Heiko Maas sprach nach den Kommentaren Erdogans von einem „neuen Tiefpunkt“. Der italienische Regierungschef Giuseppe Conte erklärte sich auf Twitter voll solidarisch mit Macron und erklärte, Erdogans Beschimpfungen würden eine positive Agenda der EU mit der Türkei erschweren.

Hintergrund des Streits sind Aussagen Macrons über Meinungsfreiheit und das Veröffentlichen von Karikaturen. Frankreich werde nicht „auf Karikaturen und Zeichnungen verzichten, auch wenn andere sich davon zurückziehen“, hatte er bei einer Gedenkfeier zu Ehren des von einem Islamisten enthaupteten Lehrers Samuel Paty gesagt. Der Lehrer hatte Mohammed-Karikaturen als Beispiel für Meinungsfreiheit im Unterricht gezeigt. Viele Muslime lehnen eine bildliche Darstellung des Propheten ab und empfinden sie als beleidigend, explizit verboten ist sie im Koran aber nicht.

Regierungen der muslimisch geprägten Länder Jordanien, Marokko, Katar, Kuwait und Pakistan, wo mehr als 220 Millionen Muslime leben, kritisierten Macrons Äußerungen. Der Hohe Staatsrat in Libyen, der unter anderem die international anerkannte Regierung mit Sitz in Tripolis berät, sprach von einer „Beleidigung von 1,5 Milliarden Muslimen“ weltweit durch Macron. Die im Gazastreifen herrschende Hamas erklärte, die Beleidigung von Religionen und Propheten sei „keine Sache der Meinungsfreiheit, sondern fördert eine Kultur des Hasses“.

Am Montag verbreiteten Nutzer im Internet weiter die Namen bekannter französischer Marken – darunter Hersteller von Autos, Mode und Milchprodukten – und riefen mit entsprechenden Hashtags zum Boykott auf. Zuvor hatten bereits einige Händler in Jordanien, Kuwait und Katar französische Waren aus ihren Filialen entfernt. Berichten zufolge strichen auch mehrere Reisebüros in Kuwait Flüge nach Frankreich aus ihren Angeboten.

Der größte französische Wirtschaftsverband Medef stellte sich angesichts der Boykottaufrufen hinter die Regierung in Paris. Man werde der Erpressung nicht nachgeben, sagte Medef-Chef Geoffroy Roux de Bézieux dem Fernsehsender BFMTV. „Es gibt Zeiten, in welchen wir Prinzipien vor die Möglichkeit, unser Geschäft auszubauen, stellen müssen.“ Medef sei „völlig solidarisch mit der französischen Regierung“. Die Unternehmen müssten den Boykott „vorerst ertragen“.