Längst haben sich Telefonmitschnitte auch gegen das Gülen-Netzwerk gerichtet

Ausgabe 224

(iz). Nach Meldungen mehrerer türkischer Medien wurden am 13.01. im Internet ­mehrere Aufnahmen von Telefonaten zwischen dem im US-Staat Pennsylvania lebenden Fethullah Gülen und Gefolgsleuten in der Türkei veröffentlicht. Nach Ansicht von ­Beobachtern werde hier deutlich, dass es sich bei der Bewegung nicht nur um einen religiösen Zusammenschluss handelt.

In einem Gespräch gab er von seinem US-Domizil aus Instruktionen an Anhänger in der Türkei. Angesprochen auf Steuerprüfun­gen gegen den Oligarchen Mustafa Koc (Inhaber der Koc Holding, einem Konzern mit rund 40 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz) ­sagte Gülen: „Sie können nichts gegen ihn [Mustafa Koc] machen. Aber sorgt dafür, dass ‘der große Chef’ [gemeint ist Ministerpräsident Erdogan] von unseren Kontakten nichts erfährt.“

Der Milliardär Mustafa Koc und sein Konzern zählen demnach zu den großen Unterstützern des „Hodschas“. Falls Koc ­Probleme bekommen sollte, so Gülen, solle man ihm Bescheid geben. „Wir werden dafür sorgen, dass ihm nichts passiert.“

In einem weiteren Telefonat ging es um die Zukunft der Bank Asya – eines der stärksten türkischen Finanzinstitute, die ebenfalls der Gülen-Bewegung nahestehen soll. Nachdem Turkish Airlines ihre Gelder von der Bank abgezogen hatte und die Regierung mit weiteren Schritten diesBank so unter Druck gesetzt hat, dass ihre Existenz in Gefahr war, gab Gülen Anweisungen, dass man 10 Geschäftsleute finden müsse. Diese sollen eine Summe von 300 Millionen Euro an die Bank transferieren, um die Lage zu stabilisieren.

Eine Stellungnahme der Hizmet-Bewegung war nach der Veröffentlichung nicht zu vernehmen. Interne Stimmen sprachen aller­dings von „Manipulationen“. Die Gesprächs­aufzeichungen seien angeblich Montagen, die den Zweck hätten, gezielt den guten Ruf des Hodschas zu diskreditierten.

Jenseits der medialen Schlammschlachten kritisierte Ertan Aydin, Berater des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, den überproportionalen Einfluss bestimmter Gruppierungen – namentlich der Gülen-Bewegung – auf die Unabhängigkeit und Überparteilichkeit von Justiz und Strafverfolgungsbehörden. Es gehe nicht um „einen Kampf zwischen der Exekutive und der Judikative“, sondern um „Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Strafverfolgungsbehörden“, die beide auf dem Spiel stünden.

Die einstmals bestehende de facto Allianz ­zwischen der gewählten Regierung und der Bewegung unter Fethullah Gülen habe sich aufgelöst. Jetzt scheine es so zu sein, dass sie „einen eigenen Staatsstreich plant“. Aus einer legitimen Ermittlung zu Kor­ruptions­vorwürfen gegen „Regierungsvertreter, Geschäftsleute und Angehörigen von Politikern“ sei eine oppositionelle Schmutzkampagne ­geworden.

„Die aktuellen Probleme der Türkei werfen wichtige Fragen über die angemessene Beziehung zwischen Bürokraten und gewählten Vertretern in einer pluralistischen Demokra­tie auf. Um sie zu beantworten, braucht es eine Debatte, die Themen wie Gewaltenteilung und Unabhängig der Justiz übersteigt und das angemessene Verhältnis zwischen Politik und Religion klärt.“

Jetzt sei es an den Gerichten, die Wahrheit über Bestechung unter den so genannten „Staatsdienern“ der Türkei herauszufinden. Aber alle Zeichen deuteten auf einen politischen Kreuzzug der Gülen-Anhänger.