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Laschet: Merkel-Kritik als Aufwärmübung?

Foto: MSC / Müller

Ausgerechnet am Rosenmontag will die scheidende CDU-Chefin ihrer Partei den Weg für die Suche nach ihrem Nachfolger aufzeigen. Manche finden das gar nicht lustig, ihnen dauert das zu lang. Andere nutzen die Zeit für Werbung in eigener Sache.

München (dpa). Ist dieses schwarz-grüne Bild ein Fingerzeig für den künftigen bundespolitischen Alltag in Deutschland? Zum Ende der Münchner Sicherheitskonferenz diskutieren am Sonntag CDU-Vize Armin Laschet und Grünen-Chefin Annalena Baerbock über die Lage Europas – er fast nur auf Deutsch, sie ausschließlich auf Englisch. Es geht um mehr deutsches Geld für Europa, den Umgang mit Populisten und Klimaschutz.

Thematisch nichts Besonderes, doch kurz nach der Rückzugsankündigung der CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist es doch ein bemerkenswerter Auftritt – nicht nur weil deutsche Ministerpräsidenten und Oppositionspolitiker sonst eher nicht auf der Bühne vor illustrem internationalen Publikum stehen.

Zuallererst sind es die Aussagen Laschets zur Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die aufhorchen lassen: Die Regierung müsse sich in ihrer Europapolitik wieder mehr zutrauen, so wie in den 1980er Jahren Helmut Kohl: „Das muss man sich mal vorstellen, dass man den Leuten gesagt hat: Gebt die D-Mark auf. Solchen Mut bräuchte man heute“, sagt Laschet. Er nennt Merkel nicht namentlich, die Kritik ist eindeutig. Über dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung stehe zwar das Motto „Ein neuer Aufbruch für Europa“, „davon hat man in den letzten zwei Jahren aber nicht so viel gemerkt“.

Für Laschet – und die neben ihm in rotem Kleid oft nickende Baerbock – ist klar: Deutschland muss bei der ab Sommer anstehenden EU-Ratspräsidentschaft wie einst Kohl wieder mit Frankreich Initiativen für Europa entwickeln und umsetzen.

Anders als Laschet verzichtet Baerbock übrigens in ihren Beiträgen auf der Bühne auf direkte Kritik an Merkel, genauso wie die Grünen die aktuelle Lage der Union schon lange unkommentiert lassen. Dass die Grünen dennoch nach der wann auch immer anstehenden Neuwahl beste Chancen haben, die Opposition zu verlassen, weiß auch ein anderer Gast in München: Am Freitagabend lädt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Baerbock und Mit-Grünen-Chef Robert Habeck zum dreistündigen Dinner und in dessen Verlauf auch zu sich nach Paris ein. Am Samstag trifft dann auch CSU-Chef Markus Söder am Rande der Konferenz mit Macron zusammen, wenn auch nur eine halbe Stunde – die Noch-CDU-Chefin geht dagegen leer aus.

In der Union wird Laschets Rede schon am Sonntag auch so verstanden: Da bringt sich jemand intern in Stellung für den Kampf um den CDU-Chefposten. Zur Erinnerung: Seit Kramp-Karrenbauer vor knapp einer Woche erklärte, ihr Amt bis zum Sommer abgeben zu wollen, läuft hinter den Kulissen längst die Nachfolgersuche auf Hochtouren.

Drei Kandidaten werden die besten Chancen eingeräumt: Neben Laschet, der sich zu seinen Plänen noch nicht geäußert hat, sind das der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz und Gesundheitsminister Jens Spahn. Aus dem engsten Umfeld von Merz heißt es, dieser sei zu einer Kandidatur entschlossen, bei Laschet und Spahn rechnen in der Union alle mit einer vorherigen Absprache ohne Kampfkandidatur. An dieser Stelle wagt sich Laschet in München nicht aus der Deckung. Auf die Frage, ob Düsseldorf oder Berlin, sagt er lachend: „Aachen.“

Für Kramp-Karrenbauer ist der Auftritt in München in dieser Lage denkbar schwierig. Wer sie jedoch erlebt, sieht eine deutsche Verteidigungsministerin, die noch nicht mit ihrer Regierungszeit abgeschlossen hat, die sich aber Fragen zur Lage der CDU verbittet. In der kommenden Woche wird sich das ändern: Dann will sich „AKK“ mit ihren potenziellen Nachfolger treffen. Bis zur Sitzung des CDU-Vorstands am Rosenmontag soll dann der Korridor konkretisiert werden – etwa zum Termin für den notwendigen Parteitag zur Neuwahl und natürlich damit verbunden das konkrete Datum ihres Rücktritts.

Während Kramp-Karrenbauer bei der Parteifrage (und danach auch bei der Kanzlerkandidatenfrage) keinen Grund zur Eile sieht, drängen viele in der Union auf eine schnelle Lösung. „Je länger die Personalfrage in der CDU offenbleibt, desto mehr werden die Grünen davon profitieren, weil sie unter dieser Situation als stabiler in der politischen Landschaft wahrgenommen werden“, sagt etwa CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der „Welt am Sonntag“. Hinter den Kulissen klingt das in der Union noch drastischer: „Sie merkt gar nicht, dass die Gespräche schon längst an ihr vorbei gehen.“ Letztlich habe AKK nur noch ihr Rücktrittsdatum selbst in der Hand.