Libanon: Hilfswerke fordern schnelle Unterstützung

Foto: Houssam Shbaro, Anadolu Agency

Beirut (KNA). Die Explosionen im Hafen der libanesischen Hauptstadt Beirut am Abend des 5. Julis mit mindestens 100 Toten und mehr als 4.000 Verletzten sorgen international für Bestürzung. Der libanesische Ministerpräsident Hassan Diab erklärte den Mittwoch zum Staatstrauertag. Unterdessen weisen Hilfsorganisationen auf die prekäre Lage in dem arabischen Land hin und fordern schnelle Unterstützung.

World Vision sieht die Explosionen als ein „Desaster für die Entwicklung des Libanon“. Das Land befinde sich wirtschaftlich und gesellschaftlich in einer ohnehin prekären Situation. Die Corona-Infektionen seien in den vergangenen Wochen dramatisch gestiegen und die Krankenhäuser an ihren Kapazitätsgrenzen. Die Katastrophe sei nun „eines der „schwierigsten Ereignisse, mit denen das Land je zu kämpfen hatte“, so das Hilfswerk.

Auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK), der Malteser Hilfsdienst und Caritas International wiesen auf die schlechte medizinische Versorgung hin. Das DRK stimme aktuell in Zusammenarbeit mit seiner Schwestergesellschaft im Libanon Hilfsmaßnahmen ab. Von den eigenen Mitarbeitern vor Ort sei eine Person leicht verletzt, aber gut versorgt, erklärte DRK-Generalsekretär Christian Reuter. Der Rettungsdienst ziehe seine Helfer nun in Beirut zusammen.

Malteser und Caritas leisten den Angaben zufolge bereits seit mehreren Jahren humanitäre und medizinische Hilfe im Libanon. Die Kräfte sollen nun in Beirut gebündelt werden. Für die Versorgung der Verletzten fehle es aber an Medikamenten, technischem Gerät und Platz in den Krankenhäusern. „Wir benötigen dringend Unterstützung, die Lage ist kritisch und noch sehr, sehr unübersichtlich“, betonte die Direktorin der Caritas Libanon, Rita Rhayem.

Das katholische Hilfswerk Misereor befürchtet nun eine Zuspitzung der Krise. Mit der Zerstörung des Hafens falle eine wichtige Versorgungslinie für die libanesische Bevölkerung und die Millionen Flüchtlinge im Land weg. Schon vor der Katastrophe sei es oft nur noch um die Ausstattung mit dem Nötigsten gegangen. Immer mehr Menschen drohten in Armut abzurutschen. Gemeinsam mit Syrien war der Libanon das Beispielland der diesjährigen Misereor-Fastenaktion.

Die genaue Ursache für die Explosion ist unterdessen weiter unklar. Medienberichten zufolge sollen rund 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat in einer ungesicherten Lagerhalle im Hafen Feuer gefangen haben und explodiert sein. Nach jüngsten Angaben des Libanesischen Roten Kreuzes wurden mindestens 100 Menschen getötet und mehr als 4.000 weitere verletzt. Örtliche Medien berichten von chaotischen Zuständen; die Stadt wurde zum Katastrophengebiet erklärt.

Großmufti ruft zu Solidarität mit Libanon auf
Der sunnitische Großmufti des Libanon, Scheich Abdul Latif Derian, hat die arabische Welt zur Unterstützung des Libanon bei der Bewältigung der Katastrophe aufgerufen. Sie sollten alles tun, um „zu entlasten und zu unterstützen und alles geben, um die Wunden der Libanesen zu heilen“, heißt es laut Bericht der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur NNA in einer Mitteilung aus dem sunnitischen Lehrinstitut Dar al-Fatwa, zugleich Amtssitz Derians. Beirut zahle heute aufgrund der Rücksichtslosigkeit und Nachlässigkeit der staatlichen Institutionen einen hohen Preis.

Gleichzeitig forderte der Großmufti den Staat und die politischen Kräfte im Libanon auf, zusammenzuarbeiten, um dem libanesischen Volk zu dienen. Imame und Prediger rief er auf, auch die Gläubigen zur Zusammenarbeit zu drängen und „Familien zu umarmen, die geschädigt wurden oder ihre Häuser und ihren Lebensunterhalt verloren haben“.

Den Wohltätigkeitsfonds des Lehrinstituts wies er an, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um betroffene Bürger bestmöglich zu unterstützen, insbesondere Moscheen und die mit Dar al-Fatwa verbundenen Gesundheits-, Sozial-, Bildungs- und Kulturinstitutionen. Ferner kündigte er an, für die Errichtung eines Feldkrankenhauses in Beirut Land zur Verfügung zu stellen.