Macron: Immer in Bewegung bleiben

Foto: Pablo Tupin-Noriega, Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 4.0

Emmanuel Macron ist der erste Präsident Frankreichs, der keiner klassischen Partei angehört. Nie zuvor wurde er in ein politisches Amt gewählt. Doch sein erstes Mal war ziemlich wichtig. Porträt eines Aufsteigers
Paris (KNA) “En Marche” heißt auf Deutsch “in Bewegung”. Das charakterisiert den 39-jährigen Finanzexperten Emmanuel Macron gut. Binnen weniger Jahre stieg er vom Absolventen der Elite-Universität ENA zum Präsidentschaftskandidaten auf. Er war immer in Bewegung, wollte verändern, Dinge anstoßen. Die britische “Times” verglich ihn mit dem britischen Ex-Premier Tony Blair: jung, telegen, optimistisch und mit frischen Ideen. Kritiker stoßen sich daran, dass Macron auf der großen Bühne bislang unerfahren ist.
Geboren wurde der Hoffnungsträger 1977 im nordfranzösischen Amiens. Seine Eltern sind Ärzte: der Vater Spezialist für Neurologie, seine Mutter berät zur gesetzlichen Sozialversicherung. Auf der Jesuitenschule entdeckte er seine Leidenschaft für die französische Sprache und das Klavierspielen. In beiden Disziplinen gewann er Wettbewerbe. Die Liebe zur Sprache verbindet ihn mit seiner heutigen Frau: Brigitte Trogneux. Sie war seine Französischlehrerin.
Macron studiert an der Sciences Po in Paris und wird Assistent des Philosophen Paul Ricoeur. Seine Magisterarbeit schreibt er über den italienischen Philosophen Niccolo Machiavelli. Später beschäftigt er sich mit Friedrich Hegel. 2002 erhält Macron einen Platz in der Kaderschmiede ENA. Er ist einer der Besten seiner Abschlussklasse, fängt im Finanzministerium an. Sein Aufstieg bleibt rasant: Er wird Wirtschaftsberater von Staatspräsident Francois Hollande, der ihn später zum Wirtschaftsminister macht (2014-2016).
Doch Macron hat seine eigenen Ideen. Er will Frankreich gestalten. Im August 2016 gründet er seine Bewegung “En Marche”. Sie zählt heute etwa 250.000 Mitglieder. Macron beschreibt sie selbst als “progressive soziale” Bewegung, mit der die verkrusteten Strukturen des politischen Systems aufgebrochen werden sollen – jenseits der rechten oder linken politischen Lager. Sein Programm bezeichnet er als eine “Revolution”. Kernbereiche sind Bildung, Arbeit, Wirtschaft, Sicherheit und Außenpolitik.
Macron ist ein Verfechter Europas. Im Wahlkampf besucht er Brüssel und trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sagt, er wolle die europäische Vision erneuern. Auch das “Soziale” scheint ihm wichtig. Er kündigt an, mehr Geld in Grundschulbildung zu investieren. In sozial benachteiligten Vierteln sollen nur noch zwölf Schüler pro Klasse unterrichtet werden. 18-Jährige sollen vom Staat einen Kulturpass über 500 Euro erhalten, um Kino-, Theaterbesuche und Bücher bezahlen zu können.
Für Elite-Politiker verordnet Macron eine Reinigungskur. Abgeordnete sollen keine Familienmitglieder mehr anstellen und nur noch dreimal hintereinander gewählt werden dürfen. Es soll strikte Geschlechterparität geben. Der junge Aufsteiger propagiert mehr Bürgerbeteiligung. Sein Wahlprogramm ließ er in 3.000 lokalen Workshops diskutieren und von 500 Experten ausarbeiten. Der Titel: “Mein Vertrag mit der Nation”.
Und wie hält es der neue Polit-Star, der von manchen schon ironisch “Messias” genannt wird, mit der Religion? Über seinen Glauben spricht er nicht. Macron gibt das Motto aus: “Die Freiheit ist die Regel und das Verbot die Ausnahme.” Er ist etwa dagegen, das Tragen des religiösen Kopftuchs in Hochschulen zu verbieten. Im Gegensatz zu Marine Le Pen, die den Islam zu gern aus der Gesellschaft verbannen würde, gesteht er der Religion einen gewissen Raum zu. In der Republik seien Staat und Religion streng getrennt, nicht jedoch in der Gesellschaft.
Zum Thema Migration hält sich Macron bedeckt. Frankreich müsse seinen Teil bei der Aufnahme von Flüchtlingen übernehmen. Konkreter wird er nicht. Doch: Es brauche schnellere Asylverfahren; nicht mehr als sechs Monate, inklusive Einspruchsverfahren. Auch bei der Integration von Flüchtlingen folgt er auch dem Motto der Freiheiten und nicht der Verbote. Zwei Dinge aber sollen Flüchtlinge in Frankreich lernen: Französisch und die Werte der Gesellschaft; etwa Frauenrechte und die Trennung von Staat und Religion.