Mali: Die Bewahrung und Restaurierung der Kulturgüter steht ganz oben auf der Tagesordnung. Von A.D. McKenzie

Ausgabe 213

Die Bilder gingen um die Welt und sorgten zurecht Erschütterung. Ein Mob bewaffneter Krimineller griff – analog zu früheren Vorfällen in Ländern wie Somalia oder Pakistan – Timbuktu an, einem der wichtigsten Symbole für muslimische Gelehrsamkeit. Viele Jahrhunderte lang blickte die Welt mit Faszination und Staunen auf diesen Ort, der bis zum letzten Jahr für seine Monumente und Manuskripte bekannt war.

(IPS/IZ). Man fragt sich, wie sehr sich die Täter von einem Mindestkonsens verabschiedet haben. Da die dort gelagerten Schriften einen reinen Islam medinensischer Prägung repräsentieren, stellen sich viele zu Recht die Frage, ob diese „Islamisten“ in ihrer Essenz nicht vielmehr „Anti-Islamisten“ sind.

Trotz vieler Unsicherheiten und eines anhaltenden Konflikts, will Mali nach Angabe von Kulturminister Bruno Maiga nun sein kulturelles Erbe wieder ­aufbauen und es zukünftig besser schützen. Der Politiker hielt sich auf einer UNESCO-Veranstaltung in Paris auf, die einem „Tag der Solidarität mit Mali“ gewidmet war. Dort versuchten Experten verschiedener Fachrichtungen festzu­stellen, wie groß die Schäden an wichtigen Denkmälern und alten Manuskripten sind, und erörterten, ob sich ­Abhilfe schaffen lässt.

Drei wichtige Moscheen und 16 Gräber in Timbuktu wurden 1988 erstmals auf die UNESCO-Liste der wichtigen Kulturgüter gesetzt. 2004 kam das Grab von Askia in der Stadt Gao hinzu, das 1495 gebaut wurde. Im letzten Juli wurden dieses Grab sowie die Moschee von Sidi Yahi auf die Liste gefährdeter Kultur­güter gesetzt, nachdem 11 Gräber und die Türen der Moschee zerstört wurden.

Die Regierung im südmalischen Bamako geht davon aus, dass zwischen 2.000 und 3.000 Manuskripte verloren gegangen sind. Weitere 300.000 Dokumenten befänden sich angeblich in sicherer Verwahrung. Aus Sicherheitsgründen verweigerte Maiga jede Auskunft über ihren Aufenthaltsort. Viele dieser Texte stammen aus dem Zeitraum vom 13. bis zum 16. Jahrhundert und wurden von bedeutenden muslimischen Gelehrten ihrer Zeit geschrieben.

Die Manuskripte wurden gerade stellenweise digitalisiert, aber die Bewaffne­ten zerstörten Computer und andere Utensilien. Laut Maiga hat ein erneuerter Digitalisierungsprozess Vorrang für das Kulturministerium, sobald wieder Frieden eingekehrt ist. „Mali hat eine sehr reiche Kultur und Geschichte, die zum sozialen Frieden beitrug. Jahrhundertelang lebten verschiedene Gemeinschaft unter Respekt für Vielfalt zusammen.“

Bazare Eloundou, Chef er afrikanischen UNESCO-Gruppe für Kulturgüter, ist der Ansicht, dass sich die Kosten zur Digitalisierung der Schriften und zum Wiederaufbau der Gräber bei einer Summe von zehn bis elf Millionen US-Dollar beliefen. Eine Summe, die viele wohlhabende Muslime aus ihrer Portokasse bezahlen könnten.

Dort, wo Konflikte herrschen, sind auch diejenigen nicht weit, die daraus Profit schlagen. Experten befürchten, dass bei einer fortgesetzten Dauer der Auseinandersetzungen Gegenstände in den weltweiten Handel mit gestohlenen Kunstgütern gelangen könnten. Mit gestohlener Kunst werden jährlich zwischen sechs bis acht Milliarden US-Dol­lars verdient. UNESCO-Vertreter glauben, dass bereits jetzt einige Stücke aus Timbuktu auf dem Markt sind, aber die UN-Kulturagentur hofft, dass die Regierungen der Nachbarstaaten verhindern werden, dass eine solche Diebesbeute ihre Grenzen passiert.

UNESCO-Chefin Irina Bogota kündigte an, man werde mit Interpol kooperieren, um die Hehlerei mit gestohlenen Manuskripten aus Timbuktu zu unterbinden.

„Für uns gehören Timbuktu, Gao sowie das Erbe im gesamten Mali über den bloßen Fakt hinaus, dass sie Teil der Liste internationaler Kulturgüter sind. Sie zeigen die Entwicklung einer islamischen Zivilisation und eines Dialoges zwischen den Kulturen. Die Handschriften enthalten Aufzeichnungen islamischer Wissenschaften, der Medizin, Astronomie, Spiritualität und Philosophie.“