Marokkos Solidarität

Ausgabe 299

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Inmitten von Szenen der Panik anderswo hat Marokko die Stärke zum entschlossenen Handeln und der Sorge um den Anderen gefunden.

Als Beispiel für ihre herzerwärmende Solidarität haben sich viele Marokkaner während der Corona-Begrenzung auf ihren Dächern gesammelt, um den Qur’an zu rezitieren und zu beten. Ein Zeichen für die Einheit inmitten von Marokkos Maßnahmen zum Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus.

Obwohl sich der übergroße Teil des Fokus auf dem Gesundheitswesen und folgenden Schäden an der Ökonomie liegt, ist Marokkos Solidarität, wie sich die Glieder einer Gesellschaft gegenseitig helfen können. Ein tiefes Gefühl der Gastfreundschaft und des produktiven Patriotismus in Marokko hat Menschen jeglicher Herkunft veranlasst, sich zusammenzuschließen, um dieses Virus zu bekämpfen und sich um Betroffene zu kümmern.

Inmitten von Szenen aus Panikkäufen und dem Hamstern in westlichen Ländern, hat Marokko die Stärke zum entschlossenen Handeln und der Sorge um den Anderen gefunden. Das Ganze hat bisher geholfen, die Ausbreitung des ­Virus und ihrer Schäden zu begrenzen – insbesondere bei den schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft.

Am 2. März entdeckte Marokko seinen ersten Fall von COVID-19. Dutzende zusätzliche Fälle wurden dann unter Besuchern festgestellt, die das beliebte Touristenziel besuchten. Die Regierung handelte entschlossen und schrittweise, um die Ausbreitung zu begrenzen. Bis auf Weiteres wurden alle Flughäfen, Flüge und Passagierschiffe zum und vom Land geschlossen.

Zwischenstädtischer Verkehr, Bildungseinrichtungen, die auf Fernunterricht umgestellt haben, und nicht essenzielle Geschäfte wurden eingestellt. Marokko hat zusätzlich alle Moscheen, Cafés und Restaurants sowie Sport- und Unterhaltungsstätten geschlossen. Um die unvermeidliche wirtschaftliche Belastung durch Sperrungen zu verringern, kündigte die Regierung am 19. März an, ein Stipendium an Menschen zu zahlen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, und gleichzeitig Steuer- und Schuldenzahlungen an kleine Unternehmen aufzuschieben.

Wichtiger ist, dass die Administration einen Sonderfonds für die Gesellschaft forderte, der bis zum 25. März ca. 2,54 Milliarden US-Dollar überschritten hatte. Zu ihm trugen Minister, große ­Unternehmen, Banken und andere wohlhabende Persönlichkeiten bei. Mehrere Unternehmen der marokkanischen Lebensmittelindustrie spendeten ebenfalls Millionen Lebensmitteln, um Familien in der Sperrung zu unterstützen. „Alle Institutionen, einschließlich der politischen Parteien und der Zivilgesellschaft, haben nicht gezögert, den Initiativen des Königs zu folgen“, fügte Hajar Bennar, Forscher an der Universität Rennes (Frankreich), hinzu. „Wohlhabende, bürgerliche und ärmere Menschen haben alle einander Solidarität gezeigt.“

Eine Umfrage des marokkanischen Instituts für Politikanalyse zwischen dem 14. und 19. März deutete an, dass 82 Prozent der Marokkaner das Verlassen des Hauses meiden. 88 Prozent unterlassen jegliches Reisen. In großen Städten wie Rabat und Marrakesch boten Hausbesitzer leere Häuser für Ärzte an, die in der Nähe arbeiteten. In Casablanca speisten Restaurants medizinisches Personal.

„Trotz der fragilen wirtschaftlichen ­Situation, mit der Marokko vor der Pandemie konfrontiert war, zeigen die Maßnahmen der Regierung und der Zivilgesellschaft, dass es eines der ersten Länder weltweit ist, das sein eigenes wirtschaftliches Wohlergehen opfert, um die Ausbreitung dieses Virus zu verhindern“, so Soufiane Agouame, Fachmann für Zivil- und Zivilrecht Wirtschaftsrecht auf Nachfrage. „Dieser Schritt hat die Marokkaner wiederum dazu inspiriert, den Maßnahmen zu vertrauen und sich in dieser Krisenzeit gegenseitig zu helfen.“

Die Coronavirus-Situation in Marokko zeige die gesellschaftlichen Vorteile von Zusammenhalt und Solidarität untereinander und belege, wie wichtig es ist, die positiven Aspekte dieser schwierigen Zeit und nicht nur die negativen zu berücksichtigen.