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Mehr Militär im Sahel

Ausgabe 300

Foto: Bundeswehr | Chr. Thiel

(GFP.com). Die Bundesregierung hat die Aufstockung und die militärische wie auch territoriale ­Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Mali beschlossen. Demnach sollen zusätzlich zu den bis zu 1.100 deutschen Militärs, die unter UN-Flagge in Mali operieren, künftig bis zu 450 deutsche Soldaten im Rahmen des Ausbildungseinsatzes EUTM Mali in das Land entsandt werden können – 100 mehr als ­bisher. Zudem sollen sie die Truppen, die sie trainieren, in unmittelbare Nähe der ­Kriegsschauplätze begleiten und in insgesamt fünf Staaten des Sahel eingesetzt werden können, unter anderem in Burkina Faso und in Niger.

In EUTM Mali integriert wird zudem die „Operation Gazelle“, in deren Rahmen ­deutsche Spezialkräfte seit fast zwei Jahren nigrische Spezialkräfte auf Kampfoperationen vorbereiten – bislang ohne Zustimmung des Bundestags. Weiterhin überschatten deutsch-französische Rivalitäten den Einsatz im Sahel. Dabei verschlechtert sich die Lage im Sahel unter dem Einfluss der Militäroperationen zusehends. Beobachter vergleichen sie mit der Entwicklung in Afghanistan.

Eine der beiden Säulen des Mali-Einsatzes der Bundeswehr bleibt laut Beschluss der ­Regierung die deutsche Beteiligung an ­MINUSMA, dem UN-Einsatz in dem Land, für den die Bundesregierung wie bisher bis zu 1.100 deutsche Soldaten einplant. ­MINUSMA soll Aufklärung leisten und – etwa mit Patrouillen – dazu beitragen, die Lage zu stabilisieren. Das Mandatsgebiet ist inzwischen vom Norden des Landes auf das Zentrum ausgedehnt worden. Die meisten deutschen Soldaten sind im nordmalischen Gao stationiert; einige sind darüber hinaus im Hauptquartier in der Hauptstadt Bamako und in einem dortigen Materialumschlagpunkt eingesetzt.

Den deutschen Soldaten stehen unter anderem Spähpanzer des Typs Fennek sowie ­Heron-Aufklärungsdrohnen zur Verfügung. In das deutsche MINUSMA-Kontingent eingegliedert ist der Lufttransportstützpunkt, den die Luftwaffe in Nigers Hauptstadt Niamey unterhält und über den Material und Personal transportiert, aber auch Verwundete ausgeflogen werden. Hintergrund für die Einrichtung des Stützpunkts in Niamey ist, dass die Stadt deutlich näher am nordmalischen Kriegsgebiet liegt als Malis Hauptstadt Bamako beziehungsweise der dortige Flughafen; das spart gerade beim Verwundetentransport kostbare Zeit. Punktuell leistet MINUSMA Unterstützung für Frankreichs Kampfeinsatz „Opération Barkhane“.

Die zweite Säule des deutschen Mali-Einsatzes, der EU-Ausbildungseinsatz EUTM Mali, wurde ausgeweitet – und zwar in mehrfacher Hinsicht. Zum einen wird er personell aufgestockt; die Obergrenze wird von 350 auf 450 Soldaten angehoben. Damit steht künftig eine größere Zahl deutscher Soldaten für die Ausbildung malischer Einheiten zur Verfügung. Laut Angaben der Bundeswehr wurden bislang annähernd 15.000 malische Militärs trainiert. Künftig sollen die deutschen Soldaten ihrer Ausbildungstätigkeit nicht mehr nur in der Stadt Koulikoro unweit der Hauptstadt nachgehen, sondern auch den Aufbau eines neuen Ausbildungszentrums in Zentralmali unterstützen. Zudem ist in dem neuen Mandat vorgesehen, dass deutsche Militärausbilder die malischen Truppen in die Kampfgebiete begleiten; dabei soll die Ausbildung auch dort freilich nur „an gesicherten Orten“ stattfinden, mutmaßlich in Feldlagern, während eine Begleitung in die Kämpfe nicht vorgesehen ist.

Das Konzept („Mentoring“) ist schon in ­Afghanistan erprobt worden. Neu ist zudem die Ausweitung des Ausbildungseinsatzes auf vier weitere Sahelstaaten. Bereits seit geraumer Zeit konnten Streitkräfteangehörige der „G5 Sahel“ (Mauretanien, Mali, Burkina Faso, ­Niger, Tschad) von EUTM Mali trainiert werden. Jetzt soll es außerdem möglich sein, die Maßnahmen in den jeweiligen „G5 Sahel“-Staaten durchzuführen. Das Einsatzgebiet der Bundeswehr wird damit in fast den gesamten Sahel ausgedehnt.

Nicht zuletzt wird mit dem neuen Mandat die „Operation Gazelle“ in EUTM Mali integriert. Im Rahmen dieser Operation sind seit dem 31. Mai 2018 deutsche Spezialkräfte – es handelt sich unter anderem um Kampfschwimmer – damit beschäftigt, nigrische Spezialkräfte auszubilden. Bislang wurde der Einsatz ohne Zustimmung des Bundestags durchgeführt; bis Mai 2019 war er nicht einmal offiziell bekannt; ein förmlicher Parlamentsbeschluss sei nicht nötig, weil die Militärs nicht in Kämpfe geschickt würden und sich lediglich als Ausbilder betätigten, hieß es. Geprobt wurde unter anderem die Verbringung von Fallschirmjägern ins Gefecht, zudem Gefechtshandlungen und der Abtransport von Verwundeten.