Müssen sich Polizei und Innenminister Rassismus vorwerfen lassen? Von Ali Kocaman

Ausgabe 201

Momentan stehen Polizei und Innenminister im Zentrum der Kritik. Ihnen wird systematischer Rassismus im Umgang mit Minderheiten vorgeworfen.

(IZ/KNA). Junge Männer arabischer oder ­afrika­nischer Herkunft werden in Frankreich nach Angaben der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ (HRW) übermäßig oft von der Polizei kontrolliert. Die willkürlichen Kontrollen mit Durchsuchungen der mitgeführten Gegenstände und langen Verhören seien geeignet, ein Gefühl der Herabwürdigung auszulösen, heißt es in einem, in Paris veröffentlichten Bericht. Beleidigungen und rassistische Bemerkungen seien dabei nicht ungewöhnlich. Zum Teil würden schon 13-jährige Kinder auf diese Weise kontrolliert.

Über die Kontrollen würden keine Protokolle angefertigt, und auch die Kontrollierten erhielten keine Aufzeichnungen darüber. Den meisten der von HRW befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen sei nie mitgeteilt worden, warum sie von der Polizei angehalten worden seien. Mit den Befragungen würden frühere Befunde bestätigt, wonach die französische Polizei ihr Vorgehen häufig auf Rassen- und Volkszugehörigkeit aufbaue.

Das Vorgehen der Polizei führe dazu, bei den Betroffenen das Gefühl der Zuge­hörigkeit zu einer Minderheit zu verstär­ken. An die französische Regierung appellierte die ­Menschenrechtsorganisation, durch Gesetzes- und Polizeireformen Missbräuche der Personenkontrollen zu verhindern.

Dass es sich hier nicht nur um den berühmten Einzelfall handelt, belegen die jüngsten Auslassungen von Innenminister Claude Gueant. Frankreichs Antiras­sisten stellen sich die Frage, ob die polizei­lichen Missstände in Zusammenhang mit den Einstellungen der führenden, politischen Eliten stünden.

In einem Interview mit „Le Figaro“ sagte Gueant, dass „nicht alle Kulturen den gleichen Werte wie wir haben, soweit es die humanistischen Werte handelt“. Auf einem Treffen des konservativen Jugendverbands bekräftigte der Minister seine Einstellung noch eimal. Mitarbeiter des Sozialisten Hollands bezeichneten die Aussagen als gezielte Angriffe auf Islam und Muslime.