Trotz geplanter US-Truppenreduzierung bleibt der globale Waffenhandel ein boomendes Geschäft

Ausgabe 225

„Ein Ende der militärischen Dominanz des Westens ist freilich auf lange Sicht nicht zu erwarten. Unangefochten führen weiterhin die USA mit 39 Prozent der globalen Militärausgaben die Weltrangliste von «Jane’s Defence Weekly» an; die EU folgt auf Platz zwei.“

(GFP.com). Rüstungsexperten empfehlen westlichen Waffenherstellern eine gezielte Steigerung ihrer Exporte nach Asien und in den Nahen Osten. Da in den NATO-Staaten mit einem Wachstum der Militärhaushalte nicht zu rechnen sei, gehe es für die Rüstungsindustrie darum, sich größtmögliche Marktanteile auf den „Zukunftsmärkten“ der Branche zu sichern – auf der Arabischen Halbinsel, insbesondere jedoch in Ost- und Südostasien, heißt es in einer aktuellen Studie des Fachdienstes „Jane’s Defence Weekly“. In der deutschen Waffenindustrie hat die Orientierung auf die Rüstungsmärkte längst begonnen. In diesem Zusammenhang hat das Bundeswirtschaftsministerium jetzt eine Hermes-Bürgschaft für die Lieferung von über 100 Patrouillenbooten an Saudi-Arabien in Aussicht gestellt. Um sich in der globalen Konkurrenz durchzusetzen, gehen deutsche Unternehmen dazu über, ganze Anlagen zur Rüstungsproduktion ins Ausland zu verkaufen.

Die Staaten der Arabischen Halbinsel investierten dagegen weiterhin immense Summen in Kriegsgerät. Ein starker Anstieg der Waffenkäufe sei zudem in Ost- und Südostasien zu erwarten. Dort mündet die zunehmende Rivalität zwischen dem Westen und China inzwischen in einen Rüstungswettlauf. Die „Zukunftsmärkte der Rüstungsindustrie“ seien ­deshalb „rund um den Pazifik zu finden“, heißt es. Westliche Rüstungsfirmen könnten dort künftig „viel Geld verdienen“. Tatsächlich erhöhen zum Beispiel Australien, Südkorea, Indien und Japan ihre Militäretats. Allein die Regierung in Tokio hat Ende 2013 Waffenkäufe im Wert von 174 Milliarden Euro beschlossen. Sie beinhalten unter anderem fünf U-Boote und 28 Tarnkappenbomber F-35. Auch Russland wird der Studie zufolge sein Militär in den nächsten Jahren mit zahlreichen neuen Waffen ausstatten.

Ein Ende der militärischen Dominanz des Westens ist freilich auf lange Sicht nicht zu erwarten. Unangefochten führen weiterhin die USA mit 39 Prozent der glo­balen Militärausgaben die Weltrangliste von „Jane’s Defence Weekly“ an; die EU folgt auf Platz zwei. Bei gleichbleibender Tendenz würden die Militäretats der 28 NATO-Staaten erst im Jahr 2021 ein geringeres Volumen ausweisen als diejenigen der übrigen sechs Siebtel aller UN-Mitgliedsländer. Dass ein nicht-westlicher Zusammenschluss militärische Überlegenheit erlangen könne, sei auf Jahrzehnte hinaus nicht vorstellbar, heißt es bei „Jane’s Defence Weekly“. Dies gilt auch für die Rüstungsindustrie. Zu den 100 größten Waffenschmieden weltweit zählen 43 nordamerikanische und 30 westeuropäische Firmen; ihr Anteil am gesamten globalen Waffenhandel der „Top 100“-Rüstungskonzerne lag im Jahr 2012 bei fast 86,7 Prozent.

Deutsche Militärlieferanten haben längst begonnen, sich auf die neuen „Zukunftsmärkte“ der Branche einzustellen. Schon seit Jahren boomen die deutschen Ausfuhren. 2012 befanden sich unter den zehn größten Käufern deutscher Rüstungsexporte fünf Staaten Asiens und der arabischen Welt – Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Algerien, Südkorea und Singapur. Die neue Bundesregierung führt bereits die Genehmigungspraxis fort, die die SPD in der Opposition noch kritisiert hatte.

Laut Berichten wird sie den Verkauf von mehr als 100 Patrouillen- und Grenzüberwachungsbooten der Bremer Lürssen-Werft an Saudi-Arabien mit einer Hermes-Bürgschaft in Höhe von rund 1,4 Milliarden Euro absichern. Der neue Staatssekretär im SPD-geführten Bundeswirtschaftsministerium, Uwe Beckmeyer (SPD), belehrt die Öffentlichkeit, Saudi-Arabien sei „ein souveräner Staat“ und habe „Grund, seine Küsten zu schützen“. „Dafür muss man Verständnis haben“, wird Beckmeyer zitiert.

Zur Erschließung von Rüstungsmärkten wenden deutsche Waffenschmieden neuartige Geschäftskonzepte an. So hat die Düsseldorfer Rheinmetall AG ein Joint Venture mit der Ferrostaal GmbH (gestartet; beide Konzerne halten je 50 Prozent an der neuen Rheinmetall International Engeneering GmbH. Diese soll in Zukunft im großen Stil Rüstungs-Produktionsstätten in Drittländern errichten. Diese bevorzugten den „Aufbau von inländischen Infrastrukturen“, um die Herstellung von Kriegsgerät im eigenen Land durchführen zu können, heißt es bei Rheinmetall. So erhielten zum Beispiel das burmesische Militärregime sowie (zu Zeiten des Schah) Iran die Erlaubnis, Maschinengewehre von Heckler und Koch in Lizenz herzustellen – Entscheidungen, die der deutschen Außenpolitik später zuwiderliefen.