"Muslime & Globalisierung" – Das ökonomische Überleben der USA und die Globalisierung sind an das Schicksal des Nahen Ostens gebunden. Von Dawud Stewart Hurrell

Ausgabe 207

(iz/geopolitics.ca.za)). Es ist interessant, wie der Nahe Osten in der Lage ist, die Aufmerksamkeit der USA auf sich zu ziehen. Amerika findet sich ständig in einem Sandsturm der Ereignisse wieder, bei denen kein Ende in Sicht ist. Ein Teil dieser Geschichte beinhaltet Öl und natürlich auch Isra­el. Während die regio­nale Geografie keine Aufschlüsse gibt – abgesehen von dem, was unter der Erde ist -, lässt sich sagen, dass die Zukunft der USA mit dem der OPEC verbunden ist. Der US-Dollar, auch ein Symbol der Macht, hat seit 1913 rund 95 Prozent seines Wertes verloren. Und doch ist seine, trotz dieser Inflation die gefragteste der Welt zu bleiben, beeindruckend.

Unter dem Treibsand Arabiens verläuft die Lebensader des untergehenden Dollars, was erklärt, warum nach dem 11.9.2001 nicht in Saudi-­Arabien einmarschiert wurde. Früher war der Dollar durch Gold gedeckt, heute durch Rohöl. Staaten ­brauchen es, was dazu führt, dass sie Dollars brauchen, um es zu kaufen. Die in Dollar bewertete Ressource ist der Schlüssel zur Fähigkeit der USA, ihr massives Außen­handels- und Staatsdefizit aufrechtzuerhalten.

Ohne diese Verbindung, die mehrheit­lich von dem wichtigsten OPEC-Mitglied Saudi-Arabien aufrechterhalten wird, verliert die Supermacht ihren finan­ziellen Vorteil. Das Dollar-für-Erdöl-Arrangement der frühen 1970er erlaubt es Washington, eine massive Schuldenlast zu (er)tragen. Die Globalisierung blies neues Leben in die maßlosen, denen sich die USA erfreut und die politisch als Fortsetzung der Macht ihrer Unternehmen in aller Welt gelten müssen.

Das durch den Irakkrieg entstandene Chaos sah die Ankunft – via Iran – von irakischen Exilpolitikern, die augenblick­lich nach Demokratie und amerikanischer Hilfe verlangten. Die Auflösung der baathistischen Kontrolle des Irak führte dazu, dass das Land eine schiitische Identität erhielt. Während die Kurden ihren kompromisslosen Nationalismus fortführten, mussten die sunnitischen Muslime eine zweitrangige Rolle ak­zeptieren. Die Erschütterung des Macht­gleichgewichts verstärkte die Vorstellung eines „schiitischen Halbmonds“ von Teheran, über Bagdad und Damaskus bis Beirut und Gaza.

Ohne eine Großmacht zum Ausgleich des US-Einflusses – den Russen fehlt es an Nachwuchs und China muss Geld machen – folgert, dass die USA Kontrolle über die verfügbaren strategischen Optio­nen für alle Figuren auf diesem Schachbrett ausüben. Betrachten wir die gestärk­te Position Teherans: Die arabischen Monarchien fürchten sich ernsthaft vor den iranischen Fähigkeiten zur Machtprojektion – entweder verdeckt oder offen. Die größtmögliche strategische Bedrohung wäre eine Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen, sobald der Iran die Kapazi­tät entwickelt hat, Strom mit einem Nuklearreaktor zu erzeugen. Dies wäre nur ein kleiner Schritt, vorausgesetzt die Iraner haben die Informationen und das Know-how, die sie vermutlich nicht besitzen. Ihr wirtschaftlicher und technolo­gischer Output ist zu vernachlässigen.

Unabhängig davon ist die Wahrnehmung oft entscheidender als die ­Realität. Die Wahrnehmung des iranischen Einflusses war stark genug, um die Saudis zu veranlassen, 60 Milliarden US-Dollars für überholte F-15’s und andere Waffen zu berappen, mit denen sie Teheran einschüchtern wollen. Die Unfähigkeit der saudischen Marine, einen Erdöltanker von Aramco aus den Klauen somali­scher Piraten zu retten, legt den Schluss nahe, dass der Besitz der Mittel nicht notwendigerweise den Willen für ihren Einsatz beinhaltet. In dieser Hinsicht schuf der Fall Bagdads und die Stärkung des schiitischen Halbmonds eine neue strategische Dynamik in der Region. Ein neuer Kalter Krieg, wenn man so will, zwischen dem nördlichen Streifen schiitischer Alliierter und einer arabisch geführten, sunnitischen Region.

Dieser Kalte Krieg, bei dem die reichen, arabischen Staaten im Süden des Halbmonds militärische Ausrüstung hamstern und neue Verbündete suchen, könnte sein erstes Opfer finden, sollte das rücksichtslose Assad-Regime in Syrien fallen. Dies wäre eine Erfolg für den „sunnitischen Block“, da ein neue Regierung im Gegensatz zum schiitisch-alawitischen Regime von Assad und ­seinen Henkern wohl nicht mehr Teil des Bündnisnetzwerks von Teheran wäre.