"Muslime & Globalisierung" – Die anhaltende Dürre in Westafrika bedroht die regionale Lebensmittelversorgung. Von Eleanor Fausold

Ausgabe 204

(THJN). Erschreckende Ergebnisse einer Umfrage in Niger: Bis zu 90 Prozent der Menschen im Westen und Osten des Landes gaben an, dass ihre Nahrungsvorräte vor der nächsten Ernte aufgebraucht sein werden. Alle ­Gemeinden bestätigten, dass sie bereits jetzt ihre Mahlzeiten reduzieren, um die Vorräte zu strecken. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die im Auftrag internationaler Hilfsorganisationen, ­darunter CARE, Oxfam, Plan International, Save the Children und World Vision, erstellt wurde.

Im westafrikanischen Teil der Sahelzone, in der die Menschen im letzten Jahrzehnt in zunehmendem Maße unter Lebensmittelkrisen leiden (und sich ­immer noch von der Krise 2010 erholen), bedroht eine ernsthafte Dürre die Sicherheit der Lebensmittelversorgung von Millionen.

Hervorgerufen wurde diese Krise durch unregelmäßige Niederschläge, die insbesondere in Niger, Tschad, Maureta­nien, Mali und Burkina Faso zu schwachen Ernten führten. Nach Angaben des UN-Lebensmittelprogramms FAO und Oxfam International sank die Argrarproduktion in der Sahelzone seit 2010 um ein Viertel. Die Getreideproduktion verringerte sich um 1,4 Millionen Tonnen. Am schwersten traf es bisher Mauretanien, das im letzten Jahr 52 Prozent seiner Ernten verlor.

Ernten in benachbarten Ländern wie Nigeria, Benin und Ghana waren erfolg­reicher. Aber es ist unwahrscheinlich, dass ihre Vorräte ausreichen, um den verzweifelten Bedarf der Sahelzone zu decken. Lebensmittelhilfe, die auf lokalen Märkten gekauft wird, ist augenblicklich 15 bis 20 Prozent billiger als die auf dem Weltmarkt. Aber hohe Lebensmittelprei­se und die Unsicherheiten bei der Versor­gung dürften dazu führen, dass die Kosten für Nahrungsmittelhilfen höher sein werden als bei der Krise 2010.

Mittlerweile liegen ­Lebensmittelpreise 20 bis 25 Prozent über dem Durchschnittspreis der letzten fünf Jahre. Im Juli und im August könnten sie noch einmal um 25 bis 30 Prozent steigen. Es wird erwartet, dass der Hunger in dieser Zeit ebenfalls seinen Höhepunkt erreichen wird, was die bedrängten Familien einem größeren Risiko aussetzen wird.

Gewalt in der Region erhöht die Belastungen der von der Krise betroffenen Länder. Der Konflikt in Nordmali hat 160.000 Menschen zu Flucht gezwungen. Sie flohen in die Nachbarstaaten ­Niger, Burkina Faso und Mauretanien, was die Probleme der Lebensmittelversorgung in diesen Staaten noch einmal steigert.

In Mauretanien hat die Krise weitreichende Folgen, da 700.000 Menschen um ihre tägliches Essen kämpfen ­müssen. Im Tschad stehen 3,5 Millionen Menschen vor einer Gefährdung ihrer Lebens­mittelversorgung. Nach Angaben von Oxfam steigen die Fehlernährungsraten an. Im Tschad, in Burkina Faso, Mali, Mauretanien, Niger und Nordsenegal liegen sie bei 10 bis 15 Prozent. Mehr als eine Millionen Kinder in der westafrika­nischen Sahelzone sind durch schwerwie­gende Mangelernährung gefährdet.

In einigen Teilen des Tschad verschlimmerte sich die Krise derart, dass einige Dorfbewohner darauf zurückgrei­fen müssen, Ameisenhügel auszugraben, um an die Getreidespeicher der Ameisen zu kommen. Erhalten sie keine Hilfe, müssen viele binnen einen Monats ihre Dörfer aufgeben. In der Region Tillabery im westlichen Niger zogen manche Familien auf der Suche nach Essen und Arbeit in die Städte um. Oxfam zitiert Regierungsschätzungen, wonach bis zu 33.000 Kinder schon ihre Schulen verlassen mussten, um ihren Eltern folgen zu können.

Internationale Lebensmittelhilfe für die Sahelzone wird eine wichtige Rolle spielen müssen, da die nächsten Ernten nicht vor dem kommenden Oktober erwartet werden. Die Vereinten ­Nationen gehen von einem Hilfsbedarf in Höhe von 724 Millionen US-Dollar aus, um den augenblicklichen Bedarf befriedigen zu können. Diese Zahl kann allerdings noch steigern.

Einige Staaten haben Hilfsmittel gegeben, aber die Hälfte der benötigten Summe ist noch offen. Oxfam International geht davon aus, dass ein Scheitern der internationalen Gemeinschaft bis zu 13 Millionen Menschen betreffen könnte.